Am Freitag habe ich mit meinen Hunden an einem Trainingsspaziergang für Leinenaggressive Hunde teilgenommen; Hunde, die angeleint ein Problem mit Artgenossen, oder auch mit Menschen/Autos/anderen Dingen haben, dabei bellen usw.
Teilgenommen haben 5 Hundeführer mit 6 Hunden (ich war die, die 2 Leinen halten musste), begleitet von 2 Trainerinnen. Bereits auf dem Anmeldungsbogen wurde gebeten, die Hunde am Treffpunkt im Auto zu lassen, bis die erste Vorgehensweise besprochen wurde; die Hunde ruhig aus dem Auto holen, keinen Stress, keine Hektik. Nicht an der Leine zerren, sondern Leinen lang. Dann alle hintereinander her den Waldweg hoch. Auf ausreichend Abstand zum Vordermann achten, bleibt dieser stehen, ebenfalls stehen bleiben. Wenn der Hund schnüffeln möchte, schnüffeln lassen (das entspannt), nicht weiter ziehen, keine Hektik, ruhig bleiben, Zeit lassen. Kein „Nein“ und kein ziehen an der Leine zum weiter gehen. Wenn ein Hund bellt, bleiben alle stehen, bis klar ist, wen oder was dieser Hund angebellt hat. Der Hundeführer soll ausreichend Zeit haben, den Hund selber umzulenken, und sich nicht gehetzt fühlen. Es wird alles gemarkert/geklickt, was geht; angucken von anderen Hunden genauso, wie der Blick auf den Hundeführer.
So instruiert kamen wir alles unbeschadet auf einer Lichtung an, alles blieb relativ ruhig und friedlich. Auf der Lichtung lagen in Abstand für jedes Mensch-Hund-Gespann eine Decke. Alle einmal hinsetzen, den Hund und sich selbst entspannen.
Zeit für den ersten (langen) Theorieteil; die Gefühle des Hundes in den brenzligen Situationen ändern. Welche Mittel stehen zur Verfügung? 1.Clicker/Marker es wird geclickt/gemarkert, und zwar so früh wie möglich bei Sichtung des Reizauslösers, und zwar auch, wenn der Hund bellt, zieht usw. Ziel dabei ist, positive Stimmung zu machen, den Reizauslöser für den Hund positiv darzustellen. Die Belohnung muß nicht zwangsläufig vom Hund genommen werden, der Hund nimmt den Clicker trotzdem wahr. Hier gibt es noch eine kurze Erläuterung der variablen Belohnungen (Futter, Spiel, Abstand, schnüffeln dürfen usw.)
2.Zeigen und benennen Jedesmal bei Sichtung eines Reizauslösers den Hund freundlich drauf aufmerksam machen (guck, ein Hund/Mensch/Auto). Dann clicken/markern) Ziel; der Hund zeigt den Reisauslöser irgendwann an, und fordert dafür seine Belohnung.
3.Entspannungssignal Daheim wenn der Hund grade ruht ein Wort sagen „easy“, auch in ruhigen Kuschelmomenten. Der Hund soll dieses Wort mit Entspannung verbinden, damit man die Möglichkeit hat, ihn damit auch unterwegs zu beruhigen.
4.Alternativverhalten Es fällt dem Hund leichter ein unerwünschtes Verhalten (pöbeln) zu unterlassen, wenn er dafür etwas anderes tun kann. Das kann ein sitz sein, oder auch ein Fingertouch, oder etwas ganz anderes. Wichtig ist, das dieses Verhalten positiv aufgebaut wird, und niemals erzwungen wird...es soll ein zunächst ein Angebot sein, keine Forderung. Hier wird noch auf unterschiedliches Verhalten/unterschiedliche Hunde näher eingegangen (Fingertouch sinnvoll bei Hunden, die so später an Reizauslösern vorbei geführt werden können(anderen Hunden fällt ein statives Verhalten wie „sitz“ leichter).
6.diverses Keinen Druck auf die Situation, auch nicht, wenn der Hund pöbelt. Kein „aus“ mit zerren an der Leine=alles vermeiden, was die Situation für den Hund noch unangenehmer macht. Er soll merken, das es „gut“ ist, den Reizauslöser zu sehen/treffen. Gucken, was den Hund entspannt, um es auch in diesen Situationen anzuwenden (Futter suchen, Futtertube, etwas tragen usw.) Hier wird auch kurz auf Geschirr /breites Halsband usw. eingegangen.
Um den Hund anfangs einen entsprechenden Abstand zum Reizauslöser zu ermöglichen, ohne ihn dabei wegziehen zu müssen, ist es sinnvoll ein „kehr um“ oder „wir gehen“ einzuüben. Anfangs wird der Hund für Blick zum Hundeführer belohnt, für umkehren zum Hundeführer noch mehr. Dies wird unter entsprechendes Signal gestellt und in ablenkungsarmer Umgebung geübt, immer reich belohnt und freudig gefeiert, bis es später auch mit Ablenkung funktioniert.
Ebenso kann man auch Bewegungen/Griffe die man benötigt positiv aufbauen, um sie in solchen Situationen nutzen zu können, ohne die Stimmung zu verschärfen (Geschirrgriff bzw. Leine kurz wird erklärt und ausführlich besprochen)
Bei Hunden die aus Frustration pöbeln (weil sie spielen wollen/hin wollen)ist es sinnvoll, Entspannung auch in ungewöhnlichen Situationen zu erlernen. Nicht zur zum Spielen/fetzen auf die Hundewiese, sondern auch einfach mal still am Rand sitzen, und den Hund z.B. aus der Tube füttern. Oder einfach ein Buch lesen.
Nach diesem Theorieteil geht es weiter (ich mußte Charly übrigens wecken...soviel zur Entspannung bei Ablenkung. Ihm hat dieser Deckenteil eindeutig gut gefallen) in den Wald hinein. Jeder arbeitet/clickt mit seinem Hund. Kurze Zwischenfälle (eine Hündin bellt einen Rüden hinter ihr an, ein Rüde fixiert einen anderen und geht in die Leine) gibt es, werden von den Trainerinnen aufgefangen und ausführlich mit allen Beteiligten besprochen.
So kommen wir an die nächste Lichtung, wo schon wieder die Decken lagen, Charly besteht darauf, das wir wieder die rote nehmen, und lässt sich sofort seufzend mit Blick auf meine Kekstasche nieder. Auch Paula fällt das Entspannen gar nicht schwer, ich merke ihr aber an, das sie schon recht beansprucht ist. Charly kann ziemlich leicht etwas ausblenden, Paula aber nicht. Sie hat ihre Augen am liebsten überall.
Nun hat jeder Gelegenheit mit einer Trainerin allein los zu ziehen, um Einzelunterricht zu bekommen und Kleinigkeiten zu üben. Ich übe unter Anleitung Geschirrgriff und Leine kurz auf Zuruf....und habe natürlich wie immer Probleme mit der Leinensortierung und Handhabung (mir fehlt einfach eine dritte Hand für den Clicker, wenn ich zwei Leinen halte, und zwei Hunde belohne).
Auf dem gemeinsamen Rückweg gibt es dann (nach vorheriger Absprache) noch für jeden die Gelegenheit an den anderen Hunden zu üben. Einer überholt alle, einer zwischen den anderen durch, kleine Hündin mit Frauchen an Frau mit Regenschirm vorbei usw. Ich soll mit beiden Hunden durch eine von den anderen gebildete enge Gasse hindurch (das ist etwas, wo ich echt immer Probleme habe, weil ich am liebsten auf jeder Seite einen Hund habe, und das geht dann macnhmal schlecht, weil zu eng oder sowieso irgendwie doof). Natürlich klappt es ganz hervorragend, wie bei allen anderen auch.
Mein Fazit: für mich hat sich dieser Trainingsgang wirklich gelohnt, auch, wenn mir das meiste in der Theorie schon bekannt war. Aber zu sehen, wie andere es umsetzen, und wie andere Hunde darauf ansprechen war spannend. Für mich war der geschirrgriff bzw. Leine kurz sehr gut, das passt gut zu uns. Für meine Hunde war es gut so viele andere Hunde zu treffen und mal nicht von der Leine zu dürfen. Sonderlich gestört hat es sie nicht. Mir hat es aber gezeigt, das das bei uns echt Trainingsbedarf ist....meine Hunde laufen viel zu selten angeleint, und verbinden das auch schon mit „öh, wasn jetzt los?“...obwohl ich mir immer vorgenommen habe, genau das zu vermeiden. Da schleicht sich im Alltag doch was ein.
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Liebe Grüße, Christiane mit Charly und Paula
weiß mit pubertierendem durchgeknalltem Mali mit Schäferhund-Exterieur, was Geduld heißt und hütet den wohl tollpatschigsten und knuffeligsten Holländer seit es Herder gibt
Danke für den ausführlichen Bericht! Hört sich sehr interessant an. Wäre vielleicht auch was für Five. Hatte so etwas schon mal mit Quo mitgemacht, war aber nicht so toll, wie es sich bei Dir anhört.
Darf ich fragen, welche Trainerinnen? Gerne auch per PN!
Hey das klingt aber gut! Z.B , dass da "Entgegenkommendes/Reizvolles" etc. benannt wird und geclickert. Und auch der Rest.
Ich habe auch ca. 8 Monate 1 x wöchentlich an ähnlichen Spaziergängen teilgenommen. Aber da wurd nix benannt und schon gar nicht so geclickert (Clicker wurde in dieser HUSchu im klassischen Sinne eingesetzt, also Hund führt Übung o.ä. richtig aus und C. + B.)... Unser Training erschöpfte sich in Bögen gehen, splitten, Hundesignale rechtzeitig erkennen u.ä, das reine Managen von "unerwünschtm" Verhalten. Die "fortgeschrittenen" Hunde wurden dann zwar auch auf einer Wiese an der Schleppe frei laufen gelassen, solche Ansätze wie bei euch gabs aber leider nicht.
Mir hats anfangs trotzdem viel gebracht - wie auch bei dir u.a. das Beobachten von Anderen, da lernt man eine ganz Menge und sieht auch mal, wie das Eine oder Andere bei sich wohl auch ist/welche Auswirkung es hat... Als ich dann zu den Fortgeschrittenen, weil mittlerweile wieder "Entspannteren" gehörte, konnte ich mich dann auch völlig auf Ella konzentrieren und habe viel mehr rund um uns beobachten können. Auch entgegenkommende Hunde konnte ich besser einschätzen! Ich habe jetzt mit diesen geführten Gängen aufgehört, weil es mir nun nichts mehr Neues bringt...ich weiß jetzt recht genau, was ich tun muss oder eben lassen muss.
Social walks mit ähnlichen Ansätzen/aus ähnlichen Gründen sind - finde ich - sehr hilfreich, damit man sich auch zunächst erstmla selbst wieder entspannen kann, um so ein guten Training mit seinem Hund hinzubekommen - und deshalb zumindest in München mit "verhaltensorginellem" Hund auch recht begehrt...
Viel Erfolg weiterhin, hört sich super an! Und berichte bitte weiter.
------------------------------------------------- Der Gedanke "Wie belohne ich meinen Hund für richtiges Verhalten?" zeichnet die Qualität der Ausbildung aus, nicht der über Bestrafung. (Edgar Scherkl)
Zitat von Petrella Ich habe jetzt mit diesen geführten Gängen aufgehört, weil es mir nun nichts mehr Neues bringt...ich weiß jetzt recht genau, was ich tun muss oder eben lassen muss.
Die Trainerinnen bieten auch "einfache" Trainingsgassis an. Also ohne die ganze Theorie zu wiederholen, sondern einfach ein Leinengassi mit anderen, die ähnliche Probleme haben. Das ist natürlich finanziell entsprechend günstiger, dafür greifen die Trainer nur helfend ein, wenn es nötig ist, bzw. erklären eben nur dort, wo es noch Bedarf gibt.
Zitat von Petrella Viel Erfolg weiterhin, hört sich super an! Und berichte bitte weiter.
Danke. Noch einen solchen Social walk werde ich allerdings nicht mitmachen; mir war die Theorie eben schon bekannt, und vieles setze ich ja -besonders seit Paula da ist- auch schon um. Mir ging es eben darum, "Sparringspartner" zu haben. Für mich ist es echt manchmal total schwierig hier geeignete Trainingspartner zu finden. Die meisten Dorfhunde sind meinen Hunden gut bekannt, die Leute dazu ebenfalls. Wenn ich einfach irgendwo hingehe um zu üben, weiß ich aber nicht, wie der andere Mensch reagiert...man muß ja mit allem rechnen (freilaufende Tutnixe, Dutzi-Dutzis, Leute die meine Hunde einfach angrabbeln usw.). Zu 100% auf seine eigenen Hunde konzentrieren, ist da doch nicht drin.
Ich werde also durchaus ggf. noch an den Leinengassis teilnehmen; weil ich mich da dann drauf verlassen kann, das auch die anderen ähnlich gestrickt sind. Das sind für uns dann wirklich gute Übungssituationen, in denen ich mich auf mich/meine Reaktion und meine Hunde konzentrieren kann.
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Liebe Grüße, Christiane mit Charly und Paula
Wow, wow, wow ...ich finde das hört sich so was von klasse an. Das ist ja so toll durchdacht und organisiert....HUT AB.
Mich würde auch die Trainer/Veranstalter mal interessieren (PN?)
Wie oft finden die Social Walks und die Leinengassi statt und wo ?
Ich war ja auch einmal auf so einem Social Walk (ohne Theorieteil) und da wurde zwischendrin auch mal die Positionen gewechselt. Also z.B. ging der vordere Hund auf die Seite sodass der Hintere passieren konnte. Somit hat der Passierte auch mal die Gelegenheit seinen (neuen) Vordermann geruchlich "aufzunehmen" , wenn er hinter ihm herläuft. Ausserdem ist das Passieren nochmal zusätzlich Übung.
Ich finde solche Walks genial und eurer hört sich richtig gut an. Danke fürs Berichten.
************** Liebe Grüße Nicole mit "Stinkstiefel" Tobi, und Balou, meinem Bärchen, für immer im Herzen
"Ihr Hund mag Ihnen gegenüber vielleicht ungehorsam sein, aber den Gesetzmäßigkeiten des Lernens gehorcht er stets ausnahmslos perfekt."
Zitat von Toni Das ist ja so toll durchdacht und organisiert....HUT AB.
Das fand ich auch. Ich bin mit der einen Trainerin seit gut 6 Jahren befreundet, also schon bevor sie sich selbstständig gemacht hat...wie sie "arbeitet" war mir also bekannt, bzw. hat sie mich ja mit Paula (und auch früher mit Charly) durchaus begleitet. Aber bisher hab ich nur in geschlossenen Kursen mitgemacht, nicht am Alltagstrainung u.ä. Und mir hat das echt imponiert; nicht nur, das alles durchdacht war, sondern auch mit welcher Ruhe das ablief, und wie in recht kurzer Zeit (2,5 Stunden) das wichtigste vermittelt wurde, dabei aber auch noch Zeit blieb auf den einzelnen einzugehen.
Zitat von ToniIch war ja auch einmal auf so einem Social Walk (ohne Theorieteil) und da wurde zwischendrin auch mal die Positionen gewechselt. Also z.B. ging der vordere Hund auf die Seite sodass der Hintere passieren konnte. Somit hat der Passierte auch mal die Gelegenheit seinen (neuen) Vordermann geruchlich "aufzunehmen" , wenn er hinter ihm herläuft. Ausserdem ist das Passieren nochmal zusätzlich Übung.
Nach dem ersten Theorieteil wurde jeder ermuntert, kreuz und quer zu laufen (dabei natürlich auf Abstand achten) und sich Übungssituationen zu suchen. Ich wurde gegen Ende z.B. noch einmal mit "so, da ist wieder deine Situation. Nicht stehen bleiben, mach!Ich bin direkt hinter dir" ermuntert. Und ehrlich, das war mir eine große Hilfe, und genau das, was ich brauchte.
Eine Frau war dort mit einem anfangs total hektischen, jungen Rüden. Und es war schön, zu sehen, wie entspannt die beiden gegen Ende waren, und wie die Leine lockerer und länger wurde. Ich glaube, die haben vom Entspannungsteil sehr viel mitgenommen.
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Liebe Grüße, Christiane mit Charly und Paula
Zitat von AnneCNHört sich super an . Sowas würd ich auch gerne mal mitmachen .
Ich auch. Ich habe ja jetzt beim Workshop mal gesehen wie wichtig das ist. Mit einem Hund geht es gut, mit zweien fabriziere ich einen solchen Leinensalat und Lucky und Tola wuseln durcheinander, alles verheddert sich und ist dadurch natürlich sehr unkoordiniert.
Ich muß gestehen, dass ich Leinentraining bis jetzt immer sehr vernachlässigt habe aber das wird sich jetzt ändern denn wie soll ich meinen beiden Führung und Sicherheit vermitteln wenn ich das alles nicht sortiert kriege und sie ziehen lasse wie sie wollen.
DAS hört sich mal ganz ganz toll an! Alleine, weil man sonst so gar keine Möglichkeit hat unter "guten Bedingungen" Leinenspaziergänge mit anderen zu machen. Schaaaaaaade, dass ihr mitsamt Eurem Social Walk so weit weg wohnt...
Viele liebe Grüße Frau T.mit Lumpi,Mo undNils __________________________________________________________________________
Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch. Karl Valentin
Danke für deinen ausführlichen Bericht. Dieser Social Walk hört sich richtig klasse an. Schade, dass es so was in unserer Gegend nicht gibt. Hier läuft unter dem Titel "Leinenspaziergang" leider nur einen Haufen quasselnder Leute mit ihren Hunden an der Leine durch den Wald und keiner schafft es Abstand zu halten. Daher waren wir da nur ein einziges mal.