nun schreib ich doch schneller als gedacht. Ich habe viel gelesen und manches davon kenne ich sehr gut. Nun möchte ich von Obelix berichten, meinen "Problemhund". Das was mich sehr verunsichert ist, dass sein Verhalten sich ändert, es schwankt stark und ich denke, ich mache etwas falsch.
Obelix wurde mit 8 Monaten ins Auffanglager gebracht, wo er 1 Jahr blieb. Über den Aufenthalt im Lager weiß ich nicht viel, zuletzt war er im Zwinger alleine, weil er als aggressiv anderen Hunden gegenüber eingestuft wurde. Als er nach Österreich kam kannte er nichts, er hatte vor allem Angst, nicht einmal Schaufenster oder Hydranten. Alles wurde angeknurrt. Die ersten Schritte hat er auf einer Pflegestelle getan, wo ich ihn kennen lernte.
Er ist aggressiv an der Leine. Anfangs hat er wild um sich geschnappt,wenn er einen anderen Hund von der Ferne sah, hat dabei Fritz oder auch mal mich erwischt, das hat er nicht einmal gemerkt. Jetzt beißt er nur noch in die Leine, aber das wilde Zerren, Knurren und Jaulen gibt es immer noch. Er klingt beängstigend. Kann er zum anderen Hund, passiert nichts. Er schnuppert, bei Rüden protzt er schon einmal. Ich darf aber nicht zupfen, dann schnappt er schon mal hin. Beim Spielen kann er grob werden, er ist wirklich ein Rüpel, beißt gerne die anderen Hunde in den Hintern. Und wenn ein anderer Hund Angst vor ihm hat, wird er wirklich ungut. Er ist ein hemmungsloser Mobber. Das hat sich aber sehr gebessert. Allerdings habe ich ihn so oft zurückgerufen, dass er mit anderen Hunden fast nicht mehr spielt.
Männer sind seine Feinde. Zu Beginn sprang er auf der Straße Leute an, fast alle, mehrere hintereinander. Dabei ging er immer sehr gezielt auf die Hände los. Mit Abstand halten, sitz und Leckerchen haben wir das einigermaßen in den Griff gekriegt. Dabei gab es aber Frauen, die er von Anfang an mochte. Zeitweise war er richtig freundlich zu Menschen, ging schmusen, begrüßte sie. Wenn ihm jemand nicht geheuer vorkam, ging er. Aber diese Phase ist vorbei. Derzeit schnappt er wieder vermehr, knurrt auch wieder mehr und wirkt insgesamt wieder angriffslustiger. Manchmal lehnt er auch Leute ab, die er kennt. Ich denke, dass ich so vorsichtig geworden bin, dass ich nicht mehr entspannt zuschauen kann, wenn er zu Menschen geht. Ich weiß nie, was passiert. Und er reagiert auf meine Unsicherheit sehr schnell.
Auf körperliche Zurechtweisung (habe ihn einmal stärker geschubst, weil er im Spiel so grob war), reagiert er mit massivem "Drohbeschwichtigen": staksen, man hat das Weiße in den Augen gesehen, Zähne gefletscht und heftiges Züngeln. Mach ich sicher nie wieder!
Dabei ist er so eine große Schmusemaus, er kommt zu mir und meinen Mann kontaktliegen, liebt es gekrault zu werden. Er wird gerne gebürstet und abgetrocknet. Von mir hat er sich von Anfang an die Pfoten abwischen lassen, in die Ohren und ins Maul schauen. Er wuzelt sich gerne am Boden und wirkt manchmal wie ein etwas groß geratenes Welpi. Aber langsam verliert er ein wenig die Lebenslust. Er darf so wenig, weil ich ihm nicht traue, dauernd pfeife ich ihn zurück. Das kann es ja auch nicht sein, oder?
Ist ein wenig lang geworden, dabei hab ich schon etliches gelöscht.
Ich kann verstehen, dass du ziemlich entnervt bist.
Bei solch einer Sachlage würde ich dir empfehlen, dich mit einem/r guten Trainer/in in Verbindung zu setzen und dir Unterstützung zu holen.
edit Admin: Link entfernt, bitte ohne Nachfrage keine Links einstellen, Tips/Namen von Trainern/Verlinkungen dieser Art sind hier ausdrücklich nicht gestattet.
Viel Erfolg!
LG Elke
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Zitat von fritzi66Er darf so wenig, weil ich ihm nicht traue, dauernd pfeife ich ihn zurück. Das kann es ja auch nicht sein, oder?
Nein, sicher nicht. Ehrlich gesagt, sind das Problemstellungen, bei denen ich spontan zwei Dinge sagen würde: 1) Gibt es einen guten Trainer in Deiner Nähe? Dann suche ihn auf. Und 2) Clickerst Du? Gerade bei Schwierigkeiten, wie Du sie beschreibst, funktionieren Clicker und Belohnung in aller Regel sehr gut. Man muß es allerdings richtig anfangen. Einige hier sind ja gerade dabei, das "Schönclickern" (das Neubesetzen eines als bedrohlich empfundenen Reizes) zu trainieren. Vielleicht kannst Du von ihren Erfahrungen profitieren. Einen Versuch wäre es allemal wert, und besser als nichts zu tun oder irgendwie falsch negativ zu arbeiten, ist es unter Garantie.
Viele Grüße Barbara mit Ritter Parcifal, Prince Maddox und Sir Lancelot sowie in ewiger Verbundenheit mit Malibub Athos, Seelenbub Ben, Spitzbub Ilias, Lausbub Seppl und 'dame de coeur' Lupa (G'lupa de la Noire Alliance)
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"Just a generation ago if you went near a dog when he was eating and the dog growled, somebody would say, 'Don't go near the dog when he's eating!, what are you crazy?' Now the dog gets euthanized. Back then, dogs were allowed to say, NO. Dogs are not allowed to say no anymore...They can't get freaked out, they can't be afraid, they can never signal 'I'd rather not.' We don't have any kind of nuance with regard to dogs expressing that they are uncomfortable, afraid, angry, or in pain, worried, or upset. If the dog is anything other than completely sunny and goofy every second, he goes from a nice dog to an 'AGGRESSIVE' dog." (Jean Donaldson)
Einen Trainer/In habe ich in diesem Sinne nicht, weil ich keinen geeigneten, mir sympatischen gefunden habe bei uns in der weiteren Umgebung. Ich besuche eine Hundeschulde (Unterordnung, Agility und auch Fährte hin und wieder), wo auf sein Verhalten viel Rücksicht genommen wird. Es wird ausschließlich mit positiver Bestärkung gearbeitet und die Leute dort sehen auch den "netten" Obelix. Er ist ein sehr talentierter Agilityhund: es macht ihm riesen Spaß zu rennen und zu springen, er schaut sehr auf mich und man sieht ihn richtig lachen dabei. Und die Trainerin macht überhaupt keinen Druck. Derzeit ist aber Winterpause, vielleicht fehlt ihm einfach die Aktivität.
In dieser Hundeschule wird auch seit kurzem mit Klicker gearbeitet, allerdings geht es nur um Prüfungen und exakte Ausführung der Übungen. Klickern interessiert mich sehr, habe mir auch schon einiges hier im Forum durchgelesen und einige Bücher zuhause. Aber mein Timing ist nicht gut. Ich werde es auf alle Fälle probieren.
Nun ja - das hört sich schon mal nicht schlecht an. Macht der/die TrainerIn dort Hausbesuche? Einzeltraining im entsprechenden Umfeld. Das wäre es, was ich dir dringend ans Herz legen würde.
LG Elke
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Zitat von cazcarraNun ja - das hört sich schon mal nicht schlecht an. Macht der/die TrainerIn dort Hausbesuche? Einzeltraining im entsprechenden Umfeld. Das wäre es, was ich dir dringend ans Herz legen würde.
LG Elke
Soweit ich das verstanden habe, ist es die Trainerin, sozusagen Ausbilderin auf dem Hundeplatz für Agility. Das ist doch dann ganz etwas anderes als ein Hundetrainer, der eben solche Einzeltrainings zuhause durchführt? Oder bin ich gerade auf dem Holzweg?
@ Susanna, wenn es bei Dir keinen geegneten Trainer gibt - vielleicht findest Du ein passendes Seminar oder einen Workshop?
Herzliche Grüße Kerstin&Blue mit Pflegemaus Lia und Maya, Hugo und Mini immer im Herzen
Zufall ist vielleicht das Pseudonym Gottes, wenn er nicht selbst unterschreiben will. (Anatole France)
Es gibt schon einen Trainer (bei dem ich auch im Fährtentraining bin), der nachhause kommt. Er war auch gleich am Anfang bei uns, weil letztes Jahr, als Obelix zu uns kam, die HuSchu so lange gesperrt war. Aber die 2 verstehen sich gar nicht. Ich würde sagen, da haben sich 2 Machos getroffen. Die Tipps, die ich damals bekommen habe waren aber sehr gut und wir sprechen auch regelmäßig über Obelix´Probleme.
Aber auch wenn ich den Unterricht sehr schätze, gibt es immer noch eine stark ausgeprägte "ich bin der Chef"- und "wenn er nicht hören will, muss er halt fühlen"- Haltung. Aber sie akzeptieren mich und meine Macken (Brustgeschirr statt Halsband, mangelnde Ernsthaftigkeit bei der Ausführung der Übungen, weil Spaß wichtiger als korrektes Vorsitzen etc.) genauso wie die des Hundes, eigentlich meiner beiden Hunde, Fritz hat auch seine kleinen Spinner.
Aber ich werde mich im Internet noch einmal umschauen (zum 100sten Mal, aber das Forum hab ich ja auch erst beim 101ten Mal gefunden!)
Zitat von fritzi66.... Aber ich werde mich im Internet noch einmal umschauen (zum 100sten Mal, aber das Forum hab ich ja auch erst beim 101ten Mal gefunden!)
Und/oder Du fragst mal beim Tierarzt nach - die wissen oftmals um die Trainer in der Nähe.
Herzliche Grüße Kerstin&Blue mit Pflegemaus Lia und Maya, Hugo und Mini immer im Herzen
Zufall ist vielleicht das Pseudonym Gottes, wenn er nicht selbst unterschreiben will. (Anatole France)
Hallo Susanna, ich kann dein Problem mit der Trainersuche verstehen. Und ich finde es total klasse, das du auch in der Hundeschule zu deinen Ansichten (und zu deinen Hunden) stehst, und dir in wesentlichen Sachen nichts einreden lässt!
Ich kann dir leider absolut keinen klugen Ratschlag geben, und bin auch kein Fachmann (sondern froh, wenn ich irgendwann mal meine eigenen Hunde geregelt bekomme ). Aber ich empfehle dir das einlesen/einfinden ins Clickern. Das muß gar nicht unbedingt ein Kurs oder so sein, geht auch mit "einsaugen aller verfügbaren Infos" (=lesen; Bücher, Foren...was dir vor die Augen kommt). Und dann einfach erstmal learning by doing. Nimm dir dazu nicht gleich die Baustellen vor, sondern erclickert euch erstmal kleine Tricks. So kannst du an deinem Timing arbeiten, und deine Hunde lernen den Clicker gleich als etwas absolut tolles und stressfreies kennen.
Ich habe früher schon mal mit dem Charly geclickert. Er wurde da aber daheim immer leicht wuschig. Darum habe ich das nur unregelmäßig und eher nebenher gemacht, und auch nur für kleine Tricks usw. Dann kam Paula. Und überall las ich vom Clickern bzw. wurden "Problemlösungen" mit Clicker beschrieben. Die Theorie war mir klar, in der Praxis hatte ich Übungsbedarf. Mein Clickfinger hakte , mein lang geübtes "Prima" kam immer schneller raus. Aber ich habe geübt. Zunächst auch nur Kleinigkeiten, und nur daheim ohne große Ablenkungen. Bei Paula hat mir der Clicker zu wirklich großen, schnellen Fortschritten geholfen. Ich kann sie "emotionslos" bestätigen (ich denke, ich bin nicht die einzige, deren Herz in brenzligen Situationen entwas schneller schlägt. Und wo sich das "prima" etwas blöd anhört, wenn man dabei ein bißchen weiche Knie hat ). Der Clicker hilft ihr Dinge, Geräusche und Menschen anders zu sehen; wenn es clickt, ist die schlimme Sache auf einmal nicht mehr so schlimm...sondern verwandelt sich immer schneller in Neugier (was kommt den jetzt tolles?).
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Liebe Grüße, Christiane mit Charly und Paula
Ich habe einmal das Clickern ausprobiert. Ich habe versucht, meine Hand als Target einzuführen. Kam mir grad klug vor und hab ich in einem Buch beschrieben bekommen (ich brauch das irgendwie). Obelix freut sich, wenn er den Clicker sieht, legt sich aber nach 2x berühren hin, schaut mich an und fängt zu blinzeln an.
Obelix ist eigentlich ein braver Hund, er kommt, wenn ich ihn rufe, zerstört nichts in der Wohnung, klaut kein Essen vom Tisch. Im Auto fährt er brav mit, geht gut an der Leine - wenn er alleine ist. In der Zwischenzeit hat er auch gelernt, Leckerchen zu nehmen, ohne die halbe Hand mitzunehmen. Vor 2 Monaten wurde er von einem Buben gefütter (mit Kindern hat er keine Probleme, solange sie nicht herumkreischen) und war ganz sanft. In seiner derzeitigen Stimmung würde ich mich das nicht trauen. Das ist auch ein Punkt, den ich nicht verstehe. Kann es sein, dass er so stressanfällig ist, dass relativ kleine Veränderungen ihn beunruhigen? Er geht ja mit ins Büro und liebt das auch. Und nun waren wir viel zuhause wegen der Feiertage. Außerdem ist eine Hündin in der Gegend läufig und er reagiert auf den Geruch schon sehr, auch wenn er kastriert ist. Seine Stimmung wechselt so stark. Heute z.B. war ein sehr ruhiger Tag, er war fröhlich, hat geschmust und gespielt und niemanden angemotzt, auch nicht durchs Autofenster.
Zitat von fritzi66 Das ist auch ein Punkt, den ich nicht verstehe. Kann es sein, dass er so stressanfällig ist, dass relativ kleine Veränderungen ihn beunruhigen?
Klar kann das sein. Sollte man immer im Hinterkopf haben, dass der Hund vielleicht überfordert ist, auch wenn es für uns auf den 1. Blick gar nicht so recht einzuschätzen ist.
An meinem Bürohund merke ich, die stressig allein mancher Tag im Büro ist. Da achte ich dann immer sehr darauf, dass wir abends ganz viel relaxen und auch ich muss mich dann zwingen nicht durch die Wohnung zu hetzen und Grossputz zu machen, sondern wir es uns gemeinsam gemütlich machen.
Wenn du ganz sicher gehen willst, lass Obelix mal vom TA durchchecken, und zwar sowohl auf schmerzbedingte Geschichten (Skelett) als auch das Blut. Hier würde ich dich bitten, auch die Schilddrüse mit einzubeziehen und ein KOMPLETTES Schilddrüsenprofil machen zu lassen.
Da erfahrungsgemäß viele TÄ da ein wenig, wie soll ich sagen, lax sind, kannst du mir die Ergebnisse der Untersuchung gerne schicken und ich lasse sie von meinem Spezialisten mal anschauen.
Sicher ist sicher. Deine Beschreibung hinsichtlich Stimmungsschwankungen können durchaus lediglich mit äußeren Einflüssen zu tun haben, andererseits sollte man auch evtl. gesundheitliche Probleme im Hinterkopf behalten.
LG Elke
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Zitat von fritzi66Ich habe einmal das Clickern ausprobiert. Ich habe versucht, meine Hand als Target einzuführen. Kam mir grad klug vor und hab ich in einem Buch beschrieben bekommen (ich brauch das irgendwie). Obelix freut sich, wenn er den Clicker sieht, legt sich aber nach 2x berühren hin, schaut mich an und fängt zu blinzeln an.
Hallo Susanna,
hast Du den Clicker vorher konditioniert, oder hast Du sofort Deine Hand als Target eingeführt? Ich würde nicht Deine Hand als Target benutzen. Dein Hund hat offensichtlich schlechte Erfahrungen mit Händen gemacht, besonders bei Männern. Beachte: Hände können eine Bedrohung für Deinen Hund sein. Dafür spricht auch, dass er sich selbst bei Deiner Hand als Target hinlegt und blinzelt. Er beschwichtigt Dich mit seinem Verhalten. Konditioniere zunächst den Clicker mit Futter, wenn Du das noch nicht getan hast. "Click" bedeutet "Futter", ohne dass sonst irgendetwas passiert. Erst wenn er diese Verknüpfung hergestellt hat, kannst Du weitermachen. Führe Deine Hand langsam zu Deinem Hund und beobachte dabei genau, was passiert. Mach Dich dabei möglichst klein, dann hast Du keine bedrohliche Körperhaltung. Wenn er zurückweicht, blinzelt, den Kopf wegdreht, die Ohren anlegt oder "züngelt", dann nimm Deine Hand zurück. Erzähl' mal, wie er reagiert hat!
Zum Thema Hundeschule/-trainer: Es ist immer gut, wenn jemand vor Ort draufguckt, nützt Dir aber gar nichts, wenn Du an den Falschen gerätst. Von daher würde ich suchen, aber auch die Kriterien für eine mögliche Zusammenarbeit vorher genau auflisten. Erfüllt der Betreffende sie bzw. kann Dir erklären, warum etwas nicht möglich oder richtig ist, was Du möchtest und gute Alternativen anbieten, ist das sicher die einzig vernünftige Basis.
Zum Thema Training/Spaß: Ich habe schon eine Reihe von Hunden erlebt, bei denen die Präzision nicht dem menschlichen Egoismus, sondern dem Teamgeist dient. Ich habe derzeit mit Athos einen Hund, bei dem das sehr extrem so ist, für die anderen gilt es jedoch in abgestuften Nuancen auch.
Der Punkt ist der: Wenn Du nur auf den Spaß schaust, dem Hund dabei aber sehr viel Freiräume und Entscheidungen überläßt, nimmt er Dich nur bedingt ernst. Und das kann sich im Alltag dahingehend auswirken, daß dann Signale, die dringend zuverlässig ausgeführt werden müßten (dazu zähle ich u.a. Sitz und Platz, die nur helfen können, wenn der Hund nicht selbst entscheidet, ob bzw. wie lange er sitzen oder liegen "will"), nur bedingt funktionieren. Das wiederum kann dazu führen, daß Dein Hund sich an Deiner Seite eben nicht sicher und beschützt fühlt.
Ein Beispiel, Hundebegegnung. Uns kommt ein anderer Hund entgegen, aus welchem Grund auch immer soll es zu keinem Kontakt kommen. Mein Hund läuft frei und stratzt auf den anderen los, dessen Halter genau das nicht will. Ich rufe meinen Hund ab. Wenn er in diesem Zusammenhang gelernt hat, daß ich ja nur Spaß haben wollte, wenn ich trainiert habe und ignoriert habe, wenn er mal nicht kam, wird mein Hund mir jetzt erst recht nicht folgen. Gleiches gilt, wenn ich alternatives Verhalten aufbaue. Ben war sehr artgenossenaggressiv. Ich baute auf, daß er, wenn wir fremde Hunde trafen, von mir abgelegt wird und ich dafür sorge, daß der andere vorbeigeht, ohne daß Ben sich aufregen muß. Das funktioniert nur, wenn das Platz zuverlässig abrufbar ist, sprich, wenn Ben nicht irgendwann doch eigenständig aufsteht und in die Richtung des anderen Hundes läuft.
Ich denke, Dein Hund muß wissen, daß das, was Du sagst, wirklich befolgt werden muß und zwar genau so, wie Du es willst. Solche Dinge kannst Du sehr wohl positiv aufbauen, auch die genaue Ausführung von Signalen kann man via Clicker sehr gut trainieren, sie kann dann als solche sehr wohl Spaß machen UND im Alltag dabei helfen, daß Dein Hund weiß, daß er Dir immer und überall folgen muß, im Alltag dann wieder eher: darf.
Zum Thema Streß: Es kann sehr wohl sein, daß Dein Hund "launisch" wirkt, obwohl er eigentlich nur mit Deinem/Euren Alltag gelegentlich überfordert ist. Auch hierzu Beispiele. Seppl war, bevor er bei mir landete, bei einer sehr lieben, warmherzigen Frau, die ihn sehr liebte. Seppl attackierte damals JEDEN Menschen, der an ihm vorbeiging bzw. gehen wollte. Sein Frauchen war einfach zu unstrukturiert, zu "chaotisch" (im liebenswerten Sinne, aber das half Seppl eben leider gar nicht) für diesen Hund, der schlicht und einfach kein sehr starkes Nervenkostüm hat. Genau genommen war es so dünn, daß er, wenn er starken Streß erlebte, nicht nur mit Aggression reagierte, sondern, wenn es zuviel wurde, mit extrem hohem Fieber, das in Schüben kam und ihn dann auch körperlich lahmlegte. Ich konnte ihn vom ersten Tag an frei laufen lassen. Weil ich ihn einerseits zu Hause zur Ruhe zwang, er also endlich genug schlafen konnte, andererseits aber sehr klar führte, so daß er Halt in den festen, für ihn verständlichen Strukturen fand. Gleiches gilt für Ilias, der ein sehr ängstlicher Hund ist. Viele Umweltreize stressen ihn. Als er in der Familie, die ihn aus Griechenland adoptiert hatte, lebte, ging er phasenweise, wenn es ganz bestimmte Schlüsselreize gab, sprichwörtlich durch geschlossene Fenster und Türen, ein Trainer empfahl, ihn einschläfern zu lassen, da er mit diesen Ängsten angeblich untrainierbar war. Die Familie gab ihn ab, er wurde an eine Pflegestelle weitergereicht, in der das Spiel von vorne losging. Auch hier war der Alltag relativ turbulent, und Ilias hatte, als ich ihn kennenlernte, tagelang nur im Stehen mal gedöst, aber nicht geschlafen. Die ersten Tage bei mir waren hart, er kam überhaupt nicht zur Ruhe. Ich zwang ihn dazu, seitdem weiß er, zu Hause bedeutet: null action. Und hat die meisten seiner Ängste abgelegt, zumindest sind seine Panikattacken fast nicht mehr vorhanden, die Ängste, die ihn heute noch flüchten lassen, lassen ihn zu mir oder zum Auto flüchten, nicht mehr kopflos kilometerweit weg wie es bei den beiden vorherigen Haltern passierte.
Was ich damit sagen will: Hunde brauchen, um bei der Bloch'schen Formel zu bleiben, sehr viel Ruhe und Schlaf, optimalerweise schlafen sie 2/3 von 24 Stunden eines Tages, dabei sind die Zeiten, in denen sie nur irgendwo rumliegen und dösen, noch nicht eingerechnet. Es ist sehr viel wahrscheinlicher, daß wir Menschen unsere Hunde ÜBERlasten als umgekehrt, leider gibt es den Wahn, den Hund ständig "auslasten" zu müssen, noch viel zu oft. Fakt ist: Weniger ist mehr, es geht deutlich mehr um Qualität (intelligente, hundgerechte Beschäftigung) als um Quantität (dauerndes blödes Gerenne irgendwelchen Bällen hinterher oder ewig lange Radtouren oder Spaziergänge).
Ich kann es für Dich nicht beurteilen, aber frage Dich mal, wieviel Ruhe Obelix bekommt, insbesondere an Tagen, an denen er anfälliger ("launischer") ist als an anderen, führe ggf. mal ein paar Wochen ein genaues Protokoll darüber, was Ihr wann und wo getan habt, wieviel Umweltreize auf Obelix einstürmten oder eben nicht etc. pp., das aber "wertfrei", also ohne die menschliche Brille, die immer glaubt, daß Hund etwas gerne tut oder liebt oder total toll findet, ohne es wirklich belegen zu können. Manchmal ist der Schein anders als das Sein. Auch hierfür ein Beispiel: Athos "liebt" es, Bällchen zu spielen. Er rennt wie ein Geisteskranker hinterher, man hat das Gefühl, er würde am liebsten nie wieder damit aufhören. Mit Spaß hat das jedoch nichts zu tun, sondern einzig mit Trieb. Mein Mali hat einen extrem starken Beutetrieb und würde fast alles für ein Spielzeug tun. Aber: Dieser Trieb ist ungesund, wenn er zu lange in ihm ist. Athos kriegt dann richtig einen Tunnelblick, sieht nur noch den Ball und ist wie unter Drogen und sehr, sehr gestreßt. Das ist der Grund, aus dem wir NUR nach klaren Spielregeln spielen und mit maximal 4-5 Wiederholungen am Stück.
Zum Thema Clickern: Obelix weiß noch nicht, daß er einfach nur Verhalten anbieten muß, um den Click zu bekommen. Er weiß noch nicht, was Dein Ziel ist, auch wenn er zweimal getoucht hat, nicht. Du solltest anfangs jede seiner Bewegungen clickern und belohnen, egal, was er tut. Mein Ben ist ja auch ein bißchen "schluffig", wenn es um solche Dinge geht, die ersten Male, als es darum ging, das Hinsetzen "einzufangen" (wir also auf ein freiwilliges Hinsetzen warteten, ohne ein Signal gegeben zu haben), dauerte es bis zu 45 Minuten, bis Herr Ben sein Hinterteil gen Boden bewegte. Damals wußte ich es nicht, aber es war einfach zu schwer, mit einem so stark aktiven Verhalten anzufangen. Ich clickerte in der Folge alles auch nur irgendwie erwünschte, jeden leichten Blickkontakt, jedes Anlehnen, jedes Warten, jedes Schnüffeln an irgendwas - Ben hatte, und darum geht es auch bei Obelix, ganz viele Erfolgserlebnisse hintereinander. Wenn Du ihn heute siehst, sobald ich ein "Clicker-Szenario" aufbaue, denkst Du, daß das nicht der gleiche Hund wie damals ist.
Schraube etwas zurück, clickere Obelix für alles Mögliche und arbeite erst, wenn er den Clicker einordnen kann, nämlich einerseits als etwas, das viele schöne Belohnungen im Gefolge hat, andererseits als etwas, dessen Geräusch man durch eigenes Verhalten hervorrufen kann, gezielt an bestimmten Signalen. Ich bin sicher, dann wird auch Obelix nicht mehr "blinzeln", sondern einfach mal ein bißchen was ausprobieren.
Viele Grüße Barbara mit Ritter Parcifal, Prince Maddox und Sir Lancelot sowie in ewiger Verbundenheit mit Malibub Athos, Seelenbub Ben, Spitzbub Ilias, Lausbub Seppl und 'dame de coeur' Lupa (G'lupa de la Noire Alliance)
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"Just a generation ago if you went near a dog when he was eating and the dog growled, somebody would say, 'Don't go near the dog when he's eating!, what are you crazy?' Now the dog gets euthanized. Back then, dogs were allowed to say, NO. Dogs are not allowed to say no anymore...They can't get freaked out, they can't be afraid, they can never signal 'I'd rather not.' We don't have any kind of nuance with regard to dogs expressing that they are uncomfortable, afraid, angry, or in pain, worried, or upset. If the dog is anything other than completely sunny and goofy every second, he goes from a nice dog to an 'AGGRESSIVE' dog." (Jean Donaldson)