ich habe mich ja vor einiger Zeit hier schon einmal vorgestellt, mit meinem Frenchi -Mix Paula und meinem Sorgenkind Mäx. Mäx ist ja ein eher unsicherer Hund, der keinerlei Stress verträgt und sehr schnell nach vorne geht. Fremde Hunde, laute Geräusche, eine gewisse Masse an Umweltzeizen macht ihm Probleme. Mäx ist ein verhaltensauffälliger Hund und manchmal neige ich dazu, Mäx im gleichen Atemzug mit Deprivationsschaden zu nennen. Viele, viel Baustellen konnte ich abarbeiten und wesentlich verkleinern, sogar fast ganz beseitigen. Ein jahr hat es gebraucht, bis Mäs sich freibewegend und auch mal ohne Aufsicht im Garten bewegen konnte. Letzten Sommer noch hat er entweder den Garten eingenordet, sich Spaten, Rechen etc. um die Ohren geschleudert oder sich Beißereien mit der Hündin geliefert. Er zeigt hyperaktives Verhalten und hätte man ihn gelasen, wäre er 24h rund um die Uhr nur sinnfrei und zerstörend durch die Gegend getillt, bis es ihn irgendwann einfach umgehauhen hätte. Das habe ich hinbekommen und ehrlich: ich bin schon recht stolz auf ihn und mich. Ein Haufen Arbeit, der sich nun bezahlt macht.
Eine noch recht große Baustelle habe ich mit Mäx und da komme ich einfach nicht weiter, habe vielleicht auch den völlig falschen Ansatz:
Mäx versucht Autos anzugreifen. Er hetzt sie nicht, sondern benimmt sich wie ein Wegelagerer: Sieht er das Auto schon von weitem, legt er sich regelrecht auf die Lauer, ja er versucht sich fast zu verstecken oder um eine Ecke zu biegen um dann aus der Platzposition die Autoreifen zu attackieren. Wenn ich die Möglichkeit habe auszuweichen, ist mit einem Abstand von ca. 3-5 m alles ok. Mäx schaut zwar aber bleibt völlig ruhig. Auf Feld- insbesondere Hohlwegen ist Abstand aber nicht immer möglich und dann regt er sich richtig auf. Dieses Verhalten zeigt sich in freiem Gelände generell immer. Lärm von Bussen, LKWs und Traktoren scheinen ihn generell zu stressen, da wird er nervös und unberechenbar. An Straßen zeigt sich dieses Verhalten seltsamerweise nicht immer, außerdem legt er sich hier nicht auf die Lauer, sondern attackiert plötzlich. Fünf Autos können an ihm vorbeibrausen und das sechste möchte er am liebsten zerfetzen. Manchmal zeigt er an der Straße tagelang keine Aussetzer und dann überkommts ihn plötzlich wieder.
Wenn Mäx ruhig bleibt, wird er geklickert. Zeigen und benennen mache ich nur, wenn ich ausweichen kann und die Begegnung so positiv beenden kann. Lauert er erst einmal an, dringe ich kaum mehr zu ihm durch. Auch Futter und Tube werden nicht mehr in dem Maße beachtet, als dass ich damit arbeiten könnte. Selbst wenn Mäx das Auto nur hört aber nicht sieht, wird er kaum mehr ansprechbar, verweigert jegliches Weitergehen und sieht sich hektisch um.
Rasenmäher mag übrigens auch nicht, da rastet er völlig und geht an die Räder. Selbst wenn der Mäher einfach nur ruhig steht, kein Lärm und nichts kommt Mäx nicht mehr zur Ruhe. Er umrundet das Ding und beißt ständig in die Räder, dabei verfällt er zunehmend in hektisches und hysterisches Gekläffe.
Mäx ist übrigens ein Schildi (SDU) und wird seit März substituiert.
Hat einer so etwas schon mal erlebt und kann mir beim Lösungsansatz helfen?
Also hilfreiche Tips habe ich leider keine für Dich. So wie Du es schilderst, ist es ja wirklich heftig. Da kann ich nur viel Erfolg beim weiteren Training wünschen. Aber ihr habt ja schon eine Menge geschafft, toll was Du da leistest!!!
Hm, das klingt fast, als würde ihm der Lärm fast körperlich weh tun. Habt ihr schonmal über eine Art Gehörschutz nachgedacht? Es gibt für Hunde eine Art Ohrenschützer, die würd ich nun nicht unbedingt benutzen, weil das doch recht massiv und einschränkend ist, aber ich frag mich, ob es nicht auch eine Art Hunde-Oropax gibt für übersensible Hunde.
Außerdem- und da seid ihr ja schon dran- kann sich ja noch viel ändern, wenn die Stoffwechsellage normalisiert ist. Vielleicht ist die SDU noch nicht so gut eingestellt? Und es braucht natürlich auch Zeit, bis sich Verhalten normalisiert. Hat sich seit der Substitution denn schon irgendeine Änderung am Verhalten gezeigt?
Ansonsten fällt mir auch nix weiter ein als Durchhalten und schönfüttern und wo möglich den Abstand einhalten.
Mein Gassi-Hund Ricky attackiert auch Autos und Züge. Warum weiß keiner, dieses Verhalten brachte er schon aus dem Tierheim mit, als sein erster Halter ihn holte. Es wurde leider jahrelang nichts gemacht. Seine jetzigen Halter haben herausgefunden, dass es ihn beruhigt, wenn er seinen Ball oder einen Stock tragen darf. Da wufft er zwar immer noch, aber er regt sich nicht mehr so schlimm auf. Und dann kann man auch langsam mit ihm arbeiten. Ich glaube, dazu braucht man einfach Geduld - genau wie bei einem Hund, der ein Problem mit Menschen oder anderen Hunden hat. Denen kann man auch nicht immer ausweichen. Ich würde das genauso trainieren, wie ich auch bei den genannten Problemen.
Viele liebe Grüße Frau T.mit Lumpi,Mo undNils __________________________________________________________________________
Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch. Karl Valentin
Mogli attackiert auch oft (nicht immer) Autos, die an uns vorbeifahren. Einen Grund für dieses Verhalten weiß ich auch nicht. Das Verhalten ist sicher nicht so ausgeprägt wie bei Mäx. Und bislang habe ich es auch noch nicht trainiert, weil es anderes, wichtigeres für mich gab.
Ich besprechen es aber beim nächsten Training mit Barbara und dann sage ich Dir, wie wir es trainieren werden. Vielleicht kann es ja vom Ansatz helfen, auch wenn es bei Mogli vielleicht "einfacher" anzugehen sein wird.
Petra mit Mogli und dem Schäfchen im Herzen ------------------------ Der ist nicht klein, der ist ein Hundekonzentrat. :o)
Die Schilddrüsenwerte von Mäx haben sich wesentlich gebessert aber wirklich richtig eingestellt ist er eher noch nicht. Das T4 kratzt nun das obere Drittel an, das freie allerdings ist noch etwas wenig. Ich taste mich also noch an die richtige Dosierung `ran.
Züge hat er früher auch gejagt. Wir gehen schon mal parallel zu einem Bahndamm und wenn ein Zug kam hat er nur noch die Ohren angelegt, hektisch geschaut und ist parallel zum Damm dem Zug hinterher gehetzt, teilweise mit wütendem Gebell. Ich bin dann hingegangen, habe sobald ich den Zug bemerkt habe, Mäx ganz nah bei mir absitzen lassen und während der gesamten Zugfahrt geklickert und Leckerchen gegeben. Heute setzt er sich sofort hin wenn er einen Zug hört oder kommt, wenn er etwas von mir entfernt ist, zu mir gelaufen um sich zu setzen. An Bahnhöfen oder Bahnübergängen funktioniert es allerdings nicht so gut, da er dort die vorbeirauschenden Züge sehen kann und das bringt ihn mächtig in Fahrt. Da hilft nur Abstand. Dass Mäx etwas trägt, daran habe ich auch schon gedacht, ist aber nicht umsetzbar. Er vergisst alles und fixiert sich nur noch auf das Auto, LKW etc. Leckerchenregen oder -suche sind in diesen Augenblicken für die "Katz"
Esther Schalke erklärte es auf einem Seminar als oft aggressives Verhalten, das sich in Jagdverhalten entlädt. Sprich: Ursprünglich sollte da Auto "vertrieben" werden, der Hund rannte, das Auto entfernte sich. Aus der Bewegung heraus entstand das Gefühl des "Jagens" und die entsprechende Hormonausschüttung, die den selbstbelohnenden Effekt mitbrachte. Erlebt der Hund diesen einige Male im gleichen Zusammenhang, versucht er, ihn sich zu verschaffen, sprich, er jagt Autos, weil es glücklich macht, nicht mehr, weil er sie vertreiben will.
Daraus folgt, daß das Bearbeiten dieses speziellen unerwünschten Verhaltens immer schwieriger wird, weil die Motivation sich verändert hat. Der Hund will das Auto jetzt "kriegen", nicht mehr "weghaben", sprich, es hilft nichts mehr, wenn das Auto sich entfernt, einfach, indem es wegfährt, der Hund will immer noch hinterher, wenn das Ziel, das die Aggression mal hatte, nämlich die Distanzvergrößerung, erreicht ist, außerdem bekommt er eine hormonelle Befriedigung, solange er hinterherrennt, nicht mehr, wenn er aufhört, hinterherzurennen.
Viele Grüße Barbara mit Ritter Parcifal, Prince Maddox und Sir Lancelot sowie in ewiger Verbundenheit mit Malibub Athos, Seelenbub Ben, Spitzbub Ilias, Lausbub Seppl und 'dame de coeur' Lupa (G'lupa de la Noire Alliance)
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"Just a generation ago if you went near a dog when he was eating and the dog growled, somebody would say, 'Don't go near the dog when he's eating!, what are you crazy?' Now the dog gets euthanized. Back then, dogs were allowed to say, NO. Dogs are not allowed to say no anymore...They can't get freaked out, they can't be afraid, they can never signal 'I'd rather not.' We don't have any kind of nuance with regard to dogs expressing that they are uncomfortable, afraid, angry, or in pain, worried, or upset. If the dog is anything other than completely sunny and goofy every second, he goes from a nice dog to an 'AGGRESSIVE' dog." (Jean Donaldson)
Das heißt in diesem Fall müsste es eine Art Antijagdtraining geben?
Ich bin grad am überlegen, ob das in derselben Weise nicht auch bei Aggression zutreffen könnte. Zum Beispiel ob das "nachsetzen" eigentlich immer aggressiv gemeint sein muss oder ob auch da solche Effekte eine Rolle spielen.
Das ist jetzt zwar keine Hilfe , aber was Barbara-Elektra da beschrieben hat, habe ich auch schon mal in einer Doku über Straßenhunde im Süden gesehen. Irgendwann wurde aus dem Auto-Vertreiben ein lustiges Jagdspiel, sprich die Streuner machen sich richtiggehend einen Spaß daraus, Autos zu jagen, da es ihnen (hormonelle) Befriedigung verschafft. Nicht selten kommen da natürlich Hunde unter die Räder...
Zitat Das heißt in diesem Fall müsste es eine Art Antijagdtraining geben?
Wenn es denn wirklich ein Jagd-Spielchen ist und keine Unsicherheit, denke ich schon, dass ein Antijagdtraining Sinn macht.
Interessanter Beitrag von Barbara. Trifft aber bei Mäx denke ich nicht so ganz zu. Er jagt oder hetzt ja nicht, sondern wartet eher ab, bis es aufseiner Höhe ist. Fahren Autos in einem Abstand von ca. 10m und mehr an ihm vorbei - egal. Kommen sie aber von hinten oder frontal auf ihn zu, geht er in diese Lauerstellung. Der ganze Hund wirkt dann eher unsicher, gestresst, irgendwie überfordert. Die Ohren sind nach hinten angelegt, er züngelt, die Bewegungen werden hektisch und scheinbar planlos. Ist das Autowieder ca. 10m und mehr entfernt jedoch noch in Sichtweite, kann ich die Leine fallen lassen - alles wieder ruhig. Einmal ist mir folgendes passiert: ich bin bin Mäx unterwegs und habe die Schleppe fallen lassen, der Wind weht mir ins Gesicht und nimmt mir somit die Hörfähigkeit für das was hinter mir passiert, gedanklich bin ich völlig woanders. Plötzlich höre ich ein leises Brummen. Sehe links neben mich - kein Mäx, sehe rechts neben mich - kein Mäx. Ich drehe mich hektisch um und sehe ein Auto ca. 15 m entfernt auf mich zukommen. Dazwischen Mäx der sich auf seinen Popo setzte und hektisch und irgendwie hilflos wirkend abwechseln mich und das Auto ansah. Ich zügig zu ihm hin und als das Auto auf unsere Höhe war, rastete er auch schon wieder völlig aus. Ich würde wirklich gerne wissen, wo die Motivation für dieses Verhalten zu suchen ist und wie ich da bestmöglich und effektiv arbeiten kann.
Antje, kannst Du das Verhalten vielleicht einmal filmen? Es ist sehr schwer, etwas zu beurteilen, das man nicht sieht. Andererseits läßt sich an der Körpersprache der Hunde meist eine ganze Menge ablesen, allerdings nur, wenn die Bilder "bewegt" sind. Wäre vielleicht einen Versuch wert, ein Video hier einzustellen, vielleicht kommen uns dann noch ganz andere Ideen zu Mäx' möglicher Motivation.
@Schnuffelnase Stimmt, wenn ein Jagdverhalten aus einer Aggression heraus entstanden ist, benötigt der Hund tatsächlich ein Antijagdtraining. Wobei es passieren kann (nicht muß, aber kann), daß man die Probleme der Reihe nach abarbeiten muß, sprich, man muß möglicherweise das Jagdverhalten in den Griff kriegen und dreht "zurück" zur eigentlichen Motivation, was bedeutet, daß man danach auch die Ursachen für das eigentliche Problem, das des aggressiven Verhaltens, angehen müßte.
Viele Grüße Barbara mit Ritter Parcifal, Prince Maddox und Sir Lancelot sowie in ewiger Verbundenheit mit Malibub Athos, Seelenbub Ben, Spitzbub Ilias, Lausbub Seppl und 'dame de coeur' Lupa (G'lupa de la Noire Alliance)
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"Just a generation ago if you went near a dog when he was eating and the dog growled, somebody would say, 'Don't go near the dog when he's eating!, what are you crazy?' Now the dog gets euthanized. Back then, dogs were allowed to say, NO. Dogs are not allowed to say no anymore...They can't get freaked out, they can't be afraid, they can never signal 'I'd rather not.' We don't have any kind of nuance with regard to dogs expressing that they are uncomfortable, afraid, angry, or in pain, worried, or upset. If the dog is anything other than completely sunny and goofy every second, he goes from a nice dog to an 'AGGRESSIVE' dog." (Jean Donaldson)
Klar, kann ich versuchen. Braucht allerdings etwas Zeit, da ich meistens mit Mäx alleine unterwegs bin und zum filmen benötige ich eine zweite Person, die Mäx in der entsprechenden Situation händelt und sichert. Und die Autos fahren wahrscheinlich nicht gerade dann über die Feldwege, wenn ich sie brauche. Vermutlich sehe ich jetzt tagelang keines.
So, nach langer Zeit melde ich mich mal wieder. Habe das Thema nicht vergessen. Aber das mit dem Viedeo gestaltete sich schwieriger als gedacht. Entweder war ich mit Mäx allein unterwegs und es verbat sich allein vom Handling her, neben einem tösenden Mäx auch noch die Kamera draufzuhalten und wenn ich dann mal helfende Hände hatte, fehlte es einfach an den Autos... Ein Versuch, die Szene einfach mal mit Bekannten und deren Auto zu stellen. scheiterte daran, dass Mäx warum auch immer völlig aufgeregt war und nur noch in die Leine biss und kreiselte. Ich arbeite einfach weiter wie bisher: zeigen , benennen, Abstand halten, clickern... Kleine Erfolge sind sichtbar. Im Moment gibt es aner einige Rückschritte und Frusterlebnisse; wenn ich mal etwas Zeit finde, heule ich mich mal aus. Ein Spruch eines HH sitzt aber besonders tief: "... wie, eineinhalb Jahre habt ihr den schon und immer noch keine nennenswerte Besserung? Das wird so nichts mehr..." Das lässt an einem zweifeln. Ich möchte ja nicht wissen, wie wir als Mensch/Hund-Team auf andere wirken bzw. welchen Eindruck wir hinterlassen. Nach dieser Aussage offensichtlich nicht den besten...