Ich bin noch ganz fertig, Tom hat wieder zugeschnappt! Und wieder eine Situation, die es irgendwie entschuldigt, die ihm offensichtlich keine andere Wahl lässt. Ich kam vom Spaziergang, beide an der Leine und kurz vor zu Hause ist ein Grundstück, wo es Ärger am Zaun geben kann. Ich also die Leine kurz genommen und mehr zur Straßenmitte (da Auto nicht in Sicht), es ist eine Wohnstraße ohne Gehweg. Da kommt ein Bekannter von vorn auf dem Fahrrad hält bei uns an und will mich begrüßen, sprich die Hand geben. Beugt sich dabei irgendwie über die Hunde - in dem Moment hatte Tom schon zugebissen. Loch im Oberschenkel, er hatte leider eine kurze Hose an. Ich könnte verzweifeln. Ich war auch selber voll geschockt und habe gar nicht reagiert, ich meine Tom gegenüber. Er stand dann völlig friedlich da während der Klärung zwischen Uwe und mir. Was hätte ich eventuell tun sollen? Ihn irgendwie "zusammenstauchen"? Ich habe gleich die Trainerin angerufen, die hat mich ganz schön zusammengefaltet. Sie sagte, dass Tom mal wieder eine Situation für sich geklärt hat zeigt ihr, dass ich ihre Ratschläge einfach nicht ernst nehme. Nämlich konsequent dafür zu sorgen, dass nicht er das Sagen hat, sondern ich bzw. wir. Dass er ein sehr dominanter Hund ist, der schon durch den langen einsamen Tierheimaufenthalt gewöhnt ist sein Ding zu machen, wenn das dort auch nicht grad viel war. Aber er brauchte sich niemandem unterordnen. Es ist so schwer für mich ihn öfter zu ignorieren, nicht auf seine Aufforderungen zum Streicheln zu reagieren. Er guckt mich an, dieser große Plüschi und automatisch wandert meine Hand zu seinem Kopf...klar, im Prinzip fordert er sich alles regelrecht ein. Und ich mache mit. Ich hatte grad in den letzten Wochen viel mit ihm geübt und er hat sich auch bei Besuch super verhalten und jetzt das. Meine größte Sorge ist, dass ich immer unsicherer werde, was ich tun und was ich lassen soll. Das macht mich grad am meisten fertig. Na, erst mal drüber schlafen.
Es grüßen Margit, Tom und Cora ....................................................
"Das Wenige, das Du tun kannst, ist viel!" (Albert Schweitzer)
Oh weh, Margit, da kann ich mitfühlen. Genau solche Situationen wie Du sie beschreibst, erlebte ich mit Ben. Bei mir machte es irgendwann "klick", innerlich, und ich fühlte mich gezwungen, entweder das Heft jetzt wirklich in die Hand zu nehmen oder mein Versagen eingestehen zu müssen. Nun ja, wir wissen, wie ich entschied. :-)
Weißt Du, ich glaube nicht, daß Dein Problem darin liegt, daß Du Tom auch mal kraulst, wenn er das gerade möchte. Das allein macht noch kein "Dominanz-Problem". Mit dem Wort bin ich eh vorsichtig, die wenigsten Hunde sind wirklich dominant, die meisten bekommen nur von ihren Menschen nicht genug Führung und gewöhnen sich daran, dann eben allein zu entscheiden. Das sind meiner Meinung nach zwei völlig verschiedene Paar Schuhe.
Die Frage ist, wo Eure Haken viel grundlegender als in ein paar auf Wunsch des Hundes gegebene Streicheleinheiten liegen. Wenn ich mutmaßen sollte, geht es da weit mehr um Euer bzw. Dein "Alltags-Verhalten". Soll heißen: Wieviel Sicherheit und Führung gibst Du Tom in ganz alltäglichen Situationen, wieviel, wenn er sich unsicher oder gar bedroht fühlt?
Nehmen wir mal das Beispiel mit dem Bekannten auf dem Fahrrad. Was ist denn passiert? Da stand doch kein Tom, der sich sagte: "Die Alte paßt nicht auf, da zwicke ich mal den dummen Menschen." Da stand eher ein Tom, der in einem Konflikt war: Der Mensch bedroht ihn (durch das über ihn Fassen/Greifen), der andere Mensch sagt ihm nicht, daß alles in Ordnung ist und hilft ihm durch eine kurze Geste des zur Seite Nehmens, also muß der Hund, der sich a) bedroht fühlt und b) nicht meiden kann, weil er an kurzer Leine ist, aggressiv werden, das ist schlicht sein inneres Programm für solche Fälle. Wir sollten nie vergessen, unsere Vierbeiner kennen ja nur drei Varianten: fliehen (war unmöglich, weil die Leine da war), einfrieren (brachte keinen Erfolg, die Bedrohung ging nicht weg) und eben kämpfen/aggressiv sein.
Dein Job als Mensch ist es, in solchen Situationen den Konflikt aus Hundesicht zu erkennen und aufzulösen. In diesem Fall z.B. dadurch, daß Du den Handschlag über den Hund hinweg verhindert hättest. Was natürlich nur geht, wenn Du die Zeichen, die Tom im Konfliktfalls sendet, erkennst bzw. am besten den Konflikt voraussiehst.
Ein Beispiel dazu aus Bens und meiner Praxis: Wenn ein Mensch so auf mich zukommt, trete ich zwischen Ben und diesen Menschen oder nehme Ben ins Signal, so daß er weiß, daß er in Sicherheit ist und nicht agieren muß/soll.
Es war natürlich hartes Training, den Blick für solche möglichen Problemsituationen zu entwickeln, aber wenn Du ihn erst einmal hast, wirst Du viele Konflikte ganz leise bewältigen können, es bedarf dazu bei mir oft nur einer kurzen Körperbewegung oder eines einfachen, wie nebensächlich hingestreuten, Kraulers für Ben, um z.B. seinen Kopf ein bißchen zur Seite zu nehmen oder meine Hand vor seiner Schnauze zu plazieren, um ihm zu sagen: Es ist alles gut.
Wovon ich Dir abraten möchte, ist Tom "zusammenzustauchen". Das ergibt sich u.a. aus meinen obigen Ausführungen. Tom hat aus hundlicher Sicht nichts Falsches getan, sondern genau das, was für ihn in diesem Moment folgerichtig war. Und er kann nicht wissen, daß wir Menschen andere Spielregeln untereinander haben, eine menschliche Perspektive ist ihm fremd, und er wird nie lernen können, sie einzunehmen. Du aber, als vernunftbegabtes Wesen, das bewußt reflektieren kann, kannst die seinige adaptieren und somit ebenso für ihn folgerichtig handeln wie er selbst es tut. Nur, daß Du schneller und von ihm als Vertrauens- und Führungsperson anerkannt sein mußt.
Womit wir wieder beim leidigen Thema "Führung" wären. Ich teile zwar die Analyse Deiner Trainerin nicht im Ergebnis (heißt: ich halte Tom nicht für dominant, sondern schlicht für unsicher), aber an einem Punkt schon: Es ist mittels gemeinsamen Trainings einfach unabdingbar, Tom beizubringen, daß er nicht agieren muß. Und das geht nur, indem Du ihm beweist, daß DU agierst, bevor er es tun muß.
Davon einmal abgesehen: Du hattest jetzt lange Zeit viele Erfolge. Laß die Dir nicht innerlich zunichte machen, weil es jetzt einen Rückschlag gab. Der war nicht schön, aber Du kannst daraus lernen. Vergiß aber nicht, zurückzublicken und Dich zu erinnern, wieviel Du trotzdem in den letzten Wochen erreicht hast. Leider neigen wir Menschen ja dazu, über ein Negativum all die vorherigen Positiva zu vergessen.
Viele Grüße Barbara mit Ritter Parcifal, Prince Maddox und Sir Lancelot sowie in ewiger Verbundenheit mit Malibub Athos, Seelenbub Ben, Spitzbub Ilias, Lausbub Seppl und 'dame de coeur' Lupa (G'lupa de la Noire Alliance)
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"Just a generation ago if you went near a dog when he was eating and the dog growled, somebody would say, 'Don't go near the dog when he's eating!, what are you crazy?' Now the dog gets euthanized. Back then, dogs were allowed to say, NO. Dogs are not allowed to say no anymore...They can't get freaked out, they can't be afraid, they can never signal 'I'd rather not.' We don't have any kind of nuance with regard to dogs expressing that they are uncomfortable, afraid, angry, or in pain, worried, or upset. If the dog is anything other than completely sunny and goofy every second, he goes from a nice dog to an 'AGGRESSIVE' dog." (Jean Donaldson)
Ach Margit, lass Dich mal drücken . Versuch mal, an das zu denken, was Du mit Tom schon alles erreicht hast - das ist doch nicht wenig! Kopf hoch und nicht aufgeben, ihr werdet das schaffen!
******************** Viele Grüße, Steffi mit Bendo - und Pina, Einstein, Tovje und Treff im Herzen
"Der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann." (Francis Picabia, 1922)
Hach Margit, ich hoffe, daß Du Dich schon wieder etwas beruhigen konntest. Ich denke auch, daß der Schreck durch diesen Vorfall sicher sehr groß ist, aber es ist kein Grund zum Verzweifeln..... und schon gar nicht an Dir. Mach die Erfolge, die Du schon hattest, nicht klein, bitte!!!
Ich denke auch, wie Barbara, daß er sich in dieser Situation nicht anders zu helfen wußte. Er war bedrängt, er fühlte sich bedroht (er kann ja auch nicht an den freundlichen, entspannten Stimmen erkennen, daß alles in Ordnung ist)...... Ich tue mich da auch schwer mit Begriffen wie: er hat das Sagen, er ordnet sich nicht unter. (Ich kann es natürlich nicht abschließend sagen, ich habe Euch ja noch nie gesehen....ist nur so ein Gefühl).
Ich bin leider kein Trainer und kann Dir keine konkreten Ratschläge geben. Aber ich kann Dir Mut machen. Gib nicht auf und zweifel auch nicht an Dir und Deiner Fähigkeit, Tom zu helfen. Du wirst das schaffen, Du hast nur den ganz richtigen Weg noch nicht gefunden. Für mich hieße der (ohne es für Euch sicher sagen zu können) auch eher, solche Situationen zu erkennen und für und vor Tom zu "entschärfen", zu lösen, um ihm zu zeigen, daß Du ihn schützen kannst. Und weniger, ihn nicht zu streicheln, wenn er ankommt.
Fühl Dich mal ganz fest gedrückt....... und dann geht es weiter. Es gibt einen Weg und Du wirst ihn auch finden!
Petra mit Mogli und dem Schäfchen im Herzen ------------------------ Der ist nicht klein, der ist ein Hundekonzentrat. :o)
Ich danke Euch fürs aufmuntern, das habe ich diesmal wirklich nötig.
Es ist aber so, dass es nicht immer möglich ist , rechtzeitig zu reagieren. Diesmal habe ich überhaupt nicht damit gerechnet, dass er anhält, um mir die Hand zu geben. Er bremste sehr plötzlich vor uns und dann war es auch schon passiert, das waren nur Sekunden. Ich hatte nicht mal sofort mitbekommen, dass Tom ihn gebissen hat. So schnell ging das.
Auch ich bin der Meinung, dass es nicht einfach mit einem "Dominanzproblem" zu erklären ist. Ich denke genau wie Du, Elektra, dass er ein sehr unsicherer Hund ist. Und ich bin froh, dass er nicht mehr vor uns im Staube herumkriecht wie im ersten Jahr. Es müsste ja dann so sein, dass (jeder) dominante Hund mit Schnappen seine Welt ordnet. Das ist aber nicht so. Kommt natürlich mal wieder darauf an, was man unter Dominanz versteht. Aber das hatten wir ja schon an anderer Stelle im Forum...
Wir werden weitermachen und Tom bekommt auch weiter seine Kuscheleinheiten, aber einige Privilegien werden schon gestrichen, das kann unser Langbein ab.
Es grüßen Margit, Tom und Cora ....................................................
"Das Wenige, das Du tun kannst, ist viel!" (Albert Schweitzer)
Ach Mensch, Kopf hoch auch von mir!!! Für mich klingt es auch nach viel, viel Unsicherheit bei Tom - in der Folge bei Dir...Ihr könnt beide/alle Beteiligten nur profitieren von einem konsequenten Programm. Damit meine ich keine Strenge! "einfach" Konsequenz, Klarheit, Verläßlichkeit, die Vertrauen schafft. Aber das hat die Hex ja schon alles wunderbar geschrieben!!! Alles Liebe!
Ich glaube mittlerweile ist es dir eh schon gelungen, dieses unschöne Erlebnis als "blöd gelauefn2 zu verbuchen und nicht gleich alles über den haufen zu werfen. weiter Arbeiten sollte es heißen, ihr seid auf dem richtigen Weg und das zählt!!