Hallo und einen guten Morgen, ich habe jetzt hier ein paar Mal über Reinklickern gelesen. Bisher habe ich brav nach dem gelernten Schema Kommando - Ausführung - Klick - Belohnung gearbeitet. Wie kann ich mir ein "in die Situation Klickern" vorstellen? Soll ich dann im Wutausbruch kommentarlos den Klick setzen und die Reaktion auf den Klick belohnen?
Im besten Fall sollte es gar nicht zum Wutausbruch kommen. Du musst schon clickern, wenn er anfängt zu fixieren. Ist er nicht mehr ansprechbar, bist du zu spät, dann vergrößer die Distanz. Jeden Blick zum "Feinbild" clickern. Und auch jeden Blick zu dir solltest du mit belohnen.
Zitat von Banditenhauptmann Soll ich dann im Wutausbruch kommentarlos den Klick setzen und die Reaktion auf den Klick belohnen?
Du hast einen falschen Blickwinkel; hierbei geht es nicht darum, ein Verhalten zu belohnen (das wäre dann der zweite Schritt, ein Alternativverhalten aufbauen...da sollst du hin, mit dem, was du bezweckst), sondern die Gefühle des Hundes in einer solchen Situation zu ändern. Der Clicker ist (wenn richtig konditioniert) im Unterbewusstsein des Hundes mit "guten Gefühlen" verbunden. Du belohnst also kein Verhalten, sondern du versuchst die Grundstimmung der Situation zu ändern.
Allerdings hat Silke recht, es ist einfacher, wenn man anfängt, bevor der Hund schon auf den Reizauslöser reagiert, und sich sein Verhalten (weil schon gefestigt) automatisiert. Sobald der Hund "loslegt", kann er nicht mehr denken. Vorher schon.
Wenn du beschreibst, um was es genau geht (andere Hunde?Geräusche?), kriegst du sicher noch genauere Tips.
Mein "in die Situation clicken" bei Paulas Reaktion auf ein bestimmtes Geräusch findest du hier. Angefangen vor einem Jahr, update vor ein paar Tagen. Fragen zu "Situation clicken"
_________
Liebe Grüße, Christiane mit Charly und Paula
Ich kopiere hier mal rein, was Barbara in Skips Tagebuch dazu schrieb, ich hatte fast die gleiche Frage:
Zitat Zitat von HuhnaNun meinte meine Trainerin allerdings, daß sie Angst hat, daß er evtl. im falschen Moment geklickt wird und sein "Aufbauen und fixieren" dadurch falsch bestätigt wird. Sie mient, ich soll erst direkt beim zurückgehen klickern, weil er sich da immer sofort beruhigt hat und dann auf jedne Fall das Richtige bestätigt wird. Ich weiß, daß ich hier irgendwo mal was dazu gelesen hab, daß es nicht so schnell Fehlverknüpfungen gibt(?), aber ich konnte es nicht mehr richtig wiedergeben.
Das denken viele Menschen und leider viele Trainer. Dabei werfen sie einfach zwei verschiedene Dinge durcheinander.
Zum einen ist der Clicker ein Markerwerkzeug, d.h., man markiert ein erwünschtes Verhalten als richtig und kündigt eine zuverlässig folgende Belohnung für dieses Verhalten an. Hierbei geht es tatsächlich um das Timing, man hat zwischen Verhalten und Bestätigung zwischen 0,2 bis maximal zwei Sekunden Zeit, sonst kann der Hund es nicht mehr verknüpfen. Diese Form der Arbeit mit dem Clicker nennt man operante Konditionierung, d.h., hier wird ein bewußtes Verhalten (z.B. das Hinsetzen auf unser Wortsignal "Sitz" usw.) mit der Bestätigung und Belohnung verknüpft, nachdem der Clicker selbst klassisch konditioniert wurde (der Hund hat gelernt, daß der vorher unbedeutende Clickerton etwas Positives ankündigt, ohne zunächst ein Verhalten zeigen zu müssen, indem Du geclickert und den Hund einfach nur direkt nach dem Click gefüttert hast).
Nun ist es aber so, daß bestimmte Verhaltensweisen des Hundes nicht seiner Entscheidung unterliegen. Insbesondere Angst und Aggression entstehen und verlaufen zu einem guten Teil im Mandelkern, im emotionalen Zentrum des Gehirn. Dieser Bereich ist dem Bewußtsein nicht zugänglich. Hier werden quasi Etiketten für Reize (z.B. anderer Hund = Bedrohung oder auch Gewitter = Angst) vergeben, der Hund denkt, wenn er dem Hund begegnet, nicht nach, sondern reagiert instinktiv. Das hat in der Natur durchaus seinen Sinn. Denn dächte er erst nach, wenn er vor etwas fliehen müßte oder wenn er angegriffen würde, hätte er unter Umständen wertvolle Zeit verloren, Leib und Leben könnten dann in Gefahr sein.
Wir Menschen kennen das übrigens auch. Wenn ich eine Schlange sähe, könntest Du lustig versuchen, nur erwünschtes Verhalten zu bestätigen, ich würde dabei absolut nichts lernen, einfach, weil ich viel zuviel Angst hätte und kein Säugetier dieser Welt unter solchem Streß bewußt lernen kann.
Einzig, wenn schlechte Erfahrungen bzw. Mißerfolge mit dem instinktiven Verhalten verbunden sind, entstehen neue Verknüpfungen. Wenn Du mich z.B. jedesmal prügeln würdest, wenn ich Angst vor einer Schlange zeigte oder versuchen würde, die Schlange zu vertreiben, würde ich entweder versuchen, massivst zu meiden (dabei würde ich meine Angst vor der Schlange aber nicht verlieren, sie würde im Gegenteil größer werden) oder, vor allem, wenn ich das nicht könnte, die Schlange noch viel schlimmer finden und noch härter bekämpfen wollen. Wärest Du oft genug brutal genug zu mir, würde ich zudem Dich hassen und im passenden Augenblick möglicherweise Rache üben.
Wenn Du mir jedoch jedesmal, wenn wir von Weitem eine Schlange sähen, zuverlässig einen 100 Euro Schein versprechen und auf ein bestimmtes Signal auch geben würdest, wäre das Schlimmste, das passieren könnte, daß ich Deine Bemühungen zunächst ignorieren würde. Würdest Du jedoch jedesmal, wenn die Schlange auftauchen würde und vielleicht zu nahe wäre, besonders lieb zu mir sein UND meine Gedanken lesen und mich so an ihr vorbeibringen, daß ich keine Angst haben müßte oder wüßte, daß sie mir garantiert nichts tun kann bzw. daß Du sie vertreiben würdest, wenn sie näher käme, würde ich das Signal irgendwann wahrnehmen und erst einmal unterbewußt, den 100 Euro Schein kassieren. Je weniger Angst ich hätte, desto stärker könnte ich mich darüber freuen, etwas später entstünde eine zuverlässige Erwartungshaltung. Und irgendwann würde ich mich freuen, die Schlange zu sehen, denn ich weiß, sie tut mir nichts UND es passiert immer etwas Tolles.
Interessanterweise akzeptieren diese Logik in Sachen Angst so gut wie alle Menschen. Sobald es sich aber um aggressives Verhalten handelt, haben viele Leute Sorge, etwas Positives würde das Böse verstärken bzw. belohnen. Und das, obwohl die meisten Menschen wissen, daß Streits in der Regel dann eskalieren, wenn die Gegenseiten sich anpöbeln und solange sie das beide tun. Schraubt dann einer sein Verhalten zurück und wird ruhig und positiv, sind Streits so gut wie immer schnell eingedämmt. Die Kunst, das zu tun, nennen wir dann Diplomatie oder Liebe, je nachdem, in welchem Zusammenhang der Streit entstand.
Warum aber verfahren wir mit unseren Hunden so oft wider diese Logik?
Du und Deine Trainerin, Ihr solltet meiner Meinung nach nie vergessen, daß Skip ein für ihn logisches und aus seiner Sicht richtiges Verhalten zeigt. Von unseren Spielregeln versteht er nichts, und vieles, was wir von Hunden verlangen, ist aus deren Perspektive entweder idiotisch oder doch oft nicht nachzuvollziehen. Hierzu zählt, daß ein Hund, der an der Leine an fast allen anderen Verhaltensstrategien gehindert ist, nichts anderes tun kann, als zu versuchen, die Distanz durch Aggression zu erzielen.
Nur über Vertrauen, Liebe und zuverlässigen Schutz sowie die PARALLELE Information über richtig und falsch und Alternativen zum alten Verhalten läßt sich das erreichen. Am leichtesten, wenn man beide Möglichkeiten des Clickers, die operante UND die Gegenkonditionierung dazu nutzt.
Was für Dich bedeutet: Du kannst das aggressive Verhalten nicht bestärken bzw. belohnen. Skip zeigt es instinktiv, das Etikett ist auf Basis ganz natürlicher Zusammenhänge (potenter Rüde trifft potenten Rüden und muß klären, Hund hat gelernt, daß nicht aggressive Strategien nicht zum Ziel führen, Hund hat aufgrund häufiger negativer Einwirkungen in aggressiven Situationen und/oder wegen der Erfahrung, daß sein Mensch ihn nicht schützt, gelernt, daß er keine Alternative zur Aggression hat usw.) vergeben, sein Unterbewußtsein zwingt ihn, sich zu verhalten wie er es tut, gleichzeitig hast Du ihm noch keine Alternativen aufzeigen können, die seine Etiketten verändern würden.
Und genau hier setzt das Clickern, das gerade dann zu hören ist, wenn er sich aggressiv verhält, an. Du setzt gegen eine unterbewußte Verknüpfung (Hund = Pöbeln) eine andere (Clicker = immer was Tolles). Wenn Du das oft genug machst UND dem Hund zeigst, daß er an Deiner Seite gar nicht aggressiv sein muß (und das so, daß ER es versteht, nicht so, wie wir Menschen oft meinen, daß er es verstehen MÜSSTE), kannst Du langfristig das Unterbewußtsein überlisten und dort neue Etiketten verankern.
Ich hoffe, das hilft Dir jetzt etwas weiter, Du kannst es gerne ausdrucken und der Trainerin zeigen, aber dann bitte mit Copyright-Vermerk und meinem Namen, ok?
Grüße Barbara & das westfälische Vivacissimo aus Herzbub, Lausbub, Spitzbub und Malibub
Wir haben bisher schnell immer nach der Aktion geklickert. Bei "Watch", "Fuß" und "Beib" auch während des Vorgangs. Wenn ich das jetzt alles richtig verstanden habe kann ich das so weitermachen und später - wenn die Verknüpug "Klicker = jetzt kommt der ultimative Jackpot" sitzt -den Klicker auch einsetzen bevor er den Feind fixiert.
Du kannst das auch jetzt schon tun, solltest du sogar. Wenn ein "Feind" auftaucht, clickern BEVOR Bandy fixiert. Warum damit warten?
Liebe Grüße Mo mit Kajla aka Madame Schnupptulla, aka DAS Schnuppertier,aka Madame Naseweiß und Rambo dem Zotteltierchen, aka das Schnüüüchen
----------------------------------------------- „Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast.“ Antoine de Saint-Exupery (Werk: Der kleine Prinz)