Ich habe mich gestern (hopphopp) an die Tasten gesetzt und habe meine Erinnerung zu dem Thema aufgeschrieben:
Ich hatte ja schon erwähnt, dass ich in den 70igern als Rucksacktouri u. a. in den Karpaten unterwegs war. Über all das was wir in diesen Zeiten erlebt haben könnte man ein Buch schreiben… Das Wandern in den Bergen dort war ein großes Abenteuer, das wir sehr naiv angingen. Die Wanderwege waren sehr unterschiedlich gut ausgeschildert. Verirren war leicht möglich. Ausgeschilderte Schutzhütten z. T. nicht da. Wanderwege führten in militärisches Sperrgebiet wo plötzlich auf großen Schildern in mehreren Sprachen stand: “Warnung - ohne Anruf wird geschossen!“. Unsere Ausrüstung aus heutiger Sicht lächerlich. Aber ich wende mich mal wie versprochen den Herdenschutzhunden zu.
Unser Wanderführer aus Papier warnte u. a. vor den Herdenschutzhunden, die unter Umständen Wanderer anfallen. Man sollte sich unterwegs auf jeden Fall mit einem Knüppel ausrüsten. Mir schwant, dass dieser Autor nie einem ärgerlichen HSH begegnet ist…zumal sie eigentlich nicht einzeln die Herde bewachen… Ich bildete mir ein, dass ich jeder Hundebegegnung gewachsen bin, denn schließlich fehlte mir die Angst vor Hunden und ich kannte mich aus. Danach hatte ich dazu eine etwas andere Ansicht. Wir wanderten zu zweit hintereinander auf einem sehr schmalen Weg etwas unterhalb des Kamms. Von vorn sahen wir eine große Schafherde auf uns zukommen, die aber auf dem Kamm lief. Hund voran, der uns ignorierte. Viele Schafe weiter ein Hirte mit Hund, der auf unserer Höhe stehen blieb. Am Ende noch ein Hund. Der Hirte ging weiter und wir dachten uns daher nichts Böses. Dann kam der zweite Hund vom Kamm herunter mit sehr bösem Knurren und gefletschten Zähnen was den hinteren veranlasste, selbiges zu tun. Zurück ging nicht, da auf dem Weg inzwischen Schafe liefen. Vor uns und seitwärts die Hunde, andere Seite ziemlich steil runter. Ich zu meinem heutigen GG (der damals schon vor einem Stoffpudel Angst hatte): „Keine Angst zeigen, langsam weitergehen, nicht angucken!“ Die Hunde näherten sich gaanz langsam aber unaufhaltsam mit immer bedrohlicherem Gebaren. Irgendwann war es nicht mehr misszuverstehen – sie würden uns nicht auf dem Weg dulden. Den Hirten inzwischen weit weg interessierte das alles überhaupt nicht. Als unsere Hilflosigkeit endlich auch bei mir in echte Todesangst umschlug blieb uns nichts weiter übrig, als den eigentlich undenkbaren Weg seitwärts in die Tiefe anzutreten. Diese Flucht war für die Hunde dann o.k. sie setzten nicht nach. Wir mit großen Kraxen und miesen Schuhen und endlos Adrenalin im Blut auf unwegsamem Gelände hangabwärts rutschend. Als wir bergabwärts wieder irgendwie auf dem Weg gelandet waren und Rast machten ertönte irgendwo in dem sonnigen Bergpanorama eine Panflöte. Tatsächlich. Diese Stunden haben sich total in mein Gedächtnis gebrannt. Und ich denke manchmal ob es noch anders geendet hätte, wenn kein Hirte dabei gewesen wäre. Jedenfalls wäre ein Stock das letzte gewesen, was uns da genutzt hätte.
Ein anderes Erlebnis war bei einer Herde Pferde auf einem Hochplateau. Wir kamen von oben und das Bild war phänomenal. Hunde oder Hirten waren nicht zu sehen. Es gab eine kleine Steinhütte und daneben eine Art Hundehütte aus Stein in die ich neugierig reinguckte. Und es lagen total süße wuschlige Welpen drin! Knuddel, knuddel. Könnt Ihr Euch denken wie es weiterging? „Weg hier-laaauuuf“ rief Bernd und ich sah von weitem einen imposanten Hund heranhetzen. Also wieder bergauf hin zum Weg durch dichtes Strauchwerk. Das sich dann in meiner Kraxe verhakte und ich stürzte. Leute, das war wirklich schrecklich. Bernd rannte weiter, der hatte ja auch Riesenangst. Ich lag da und fummelte verzweifelt an dem Geäst und sah ihn schon an meiner Kehle, als der Hund etwa 20 m vor mir bremste, stehenblieb bis wir dann etwa 200m weg waren, und dann lief er zurück zu seinen Welpen. Guter Hund.
Ich sehe sie auch noch mit den gefährlich aussehenden Halsbändern neben den Berghütten liegen, wo die Hirten ja auch mal einkehrten. Die Begegnungen mit diesen Hunden, die ungeheuer viel Ruhe, Selbstsicherheit und Kraft ausstrahlten, haben mir Respekt eingeflößt. Sie wirkten total autark, sich ihrer Wichtigkeit voll bewusst. Anders als die vielen halbverhungerten kranken Straßenhunde, denen wir dort ja auch begegnet sind. Auch die vergesse ich nicht. Die manchmal allein fürs Streicheln irre vor Freude waren, denn nicht immer hatten wir was zum Verteilen dabei. Da gab es manche Tränen weil man so hilflos war. Aber auch bei den Menschen haben wir viel, viel Armut gesehen, besonders in Rumänien.
Wir sind Zigeunern begegnet, wo die Frauen meinem Freund, der eine blonde lange Lockenmähne hatte, die Haare in Büscheln auszupft haben, völlig fassungslos, dass sie echt waren.
Die uns als wir sie fotografierten fast gesteinigt haben. Sie waren damals noch total malerisch anzuschauen. Die Frauen mit den Kindern in langen bunten Röcken und schönen Tüchern zu Fuß und die Männer zu Pferd voran.
Wir haben viel Gastfreundlichkeit erlebt und wir wurden auch mit Gewehr im Anschlag abgeführt.
Es ist so lange her, aber es waren so intensive Zeiten. Mein Kopfkino wurde jetzt angeknipst und die Erinnerungen kommen unaufhaltsam. Und viel Sehnsucht.
Es grüßen Margit, Tom und Cora ....................................................
"Das Wenige, das Du tun kannst, ist viel!" (Albert Schweitzer)
Danke für den tollen Bericht - muss wirklich seeehr beeindruckend gewesen sein... Ich habe vor HSH auch immer so einen gewissen Respekt, weil sie so ruhig und imposant wirken... Die Idee mit dem Knüppel... puhh, ich hoff, da hat sich nie einer dran gehalten... Möcht auch mal nach Rumänien - eine Freundin von mir war mit ihrem rumänischen Freund letztes Jahr knapp 1 1/2 Monate - fand es auch sehr beeindruckend (von der Armut, über ein paar Superreiche, aber natürlich auch die unendliche Vielfalt an Natur...)
Danke! Ich kann es mir vorstellen, wie die wilde Gegend dich beeindrucken mußte. Dein Bericht bestätigt zum Teil, was ich schon gehört/gelesen und beobachtet habe. HSH neigen nicht dazu ihre Kräfte für unnotwendige Kämpfe zu verschwenden. Sie warnen und lassen den Gegner in Ruhe sobald sie merken, ihre Warnung ist ernst genommen. Zu dem Knüppel - konnte wirkungsvoll sein, konnte aber auch ins Auge gehen. Nur einmal hatte ich meinen eigenen Do Khyi fixirend gesehen und das war als ein fremder Mann ihm gegenüber mit einem Knüppel in der Hand getretten war. Ich habe damals echt Angst bekommen, mein Hund saß ruhig da und wartete - noch ein Schritt und der Kerl hätte keine Hand gehabt. Es war unmisverständlich, der Hund war bereit und der Kerl dumm genug es nicht zu sehen... Andereseits gibt es sehr viele Berichte aus Tibet, in denen beschrieben wird, daß bei Begegnung mit aggressiven Do Khyis genügt ein paar Steine zu werfen um sie abzuwehren. Ich glaube, daß die Hunde schon als Welpen lernen von Steinen Angst zu haben. Einem erwachsenem Do Khyi würde kein Stein weh tun, es ist eher ein Ritual: der Mensch wirft Steine, die Hunde lassen ihm in Ruhe. Vielleicht etwas ähnliches gibt es in Karpaten mit dem Knüppel? Ein Zeichen für die Hunde, daß der Mensch nicht wehrlos ist? Wie auch immer, es ist beeindruckend, was du unternommen und erlebt hast. Noch einmal vielen Dank! Barbara
Viele Grüße Barbara mit Ritter Parcifal, Prince Maddox und Sir Lancelot sowie in ewiger Verbundenheit mit Malibub Athos, Seelenbub Ben, Spitzbub Ilias, Lausbub Seppl und 'dame de coeur' Lupa (G'lupa de la Noire Alliance)
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"Just a generation ago if you went near a dog when he was eating and the dog growled, somebody would say, 'Don't go near the dog when he's eating!, what are you crazy?' Now the dog gets euthanized. Back then, dogs were allowed to say, NO. Dogs are not allowed to say no anymore...They can't get freaked out, they can't be afraid, they can never signal 'I'd rather not.' We don't have any kind of nuance with regard to dogs expressing that they are uncomfortable, afraid, angry, or in pain, worried, or upset. If the dog is anything other than completely sunny and goofy every second, he goes from a nice dog to an 'AGGRESSIVE' dog." (Jean Donaldson)
Vielen Dank für den superspannenden Bericht und das beeindruckende Bild, daß Du da von den Herdenschutzhunden und auch von der Zeit und den Umständen dieser Reisen gezeichnet hast.
Petra mit Mogli und dem Schäfchen im Herzen ------------------------ Der ist nicht klein, der ist ein Hundekonzentrat. :o)