Wir gingen in diesem Teil mit der ganzen Horde (wie gesagt, ca. 20 Menschen und 10 Hunde) in einen nahegelegenen Park. Wir fanden dort eine Art eingerahmten Vierecks, d.h. eine Verbindung zwischen zwei Parkteilen, die durch einen Eingang und einen Ausgang sowie durch Mauern gesäumt war. Das war ganz praktisch, weil wir so ein eigenes Areal hatten, allerdings war auch mit Fremdhundbegegnungen zu rechnen, da hier Spaziergänger durch mußten, wenn sie in den hinteren Park gelangen wollten.
Es wurden jetzt jeweils Frau und Hund auf zwei Seiten des Areals aufgestellt. Mich erinnerte das ein bißchen an mittelalterliche Ritterspiele, wenn die Kämpfer in die Schranken traten, bauten sie sich wohl ähnlich auf. Um die beiden jeweiligen Paarungen herum standen die Zuschauer, zwischen ihnen eine Art "Schiedsrichter", der beim ersten Anzeichen eines Konflikts bei einem der Hunde "Stop" sagen sollte. Jeweils hinter den Paaren wurde ebenfalls eine Art "Linienrichter" plaziert. Dr. Blaschke-Berthold (Ute für Euch, wie sie sagte, sie duze impertinent und wolle impertinent geduzt werden) wollte damit zeigen, daß man sehr wohl auch als hinter dem eigenen Hund gehender Halter, der Lefzen und Augen eher nicht im Blick haben könne, Konflikte und Streß erkennen könne - allein auf Basis der Art der Hundebewegungen.
Und ich muß sagen: Es war phantastisch wie Konflikte vermieden werden konnten, weil die "Schiedsrichter" tatsächlich sehr, sehr früh stoppen konnten, weil sie Signale an den Hunden erkennen konnten, die deutlich zeigten, was der Hund gerade empfand und tun wollte. Es kam zwischen den frontal aufeinander zugeführten Hunden (lustig, Ute meinte, sie hätte noch vor zehn Jahren den Leuten ständig erklären müssen, daß man eben nicht frontal aufeinander zugehen solle, weil allein das Konfliktpotential berge, heute müsse sie uns fast dazu zwingen, es zu tun, damit eben jenes gut für alle erkennbar würde) nur einmal zu einer Bellerei, eine Beißerei oder Schnapperei kam überhaupt nicht vor, obwohl zumindest der Frenchie wohl normalerweise durchaus dazu neigte, einfach weil anhand der Körpersignale Strategien sofort umzusetzen waren.
Ein Beispiel: Herr Ben zeigte absolut klares Meideverhalten. Er zog wie selten an der Leine und zwar nach rechts weg, er wollte den Konfrontationen ausweichen. Helfen konnte ich ihm auf zwei Arten: Dadurch, daß ich tatsächlich den Bogen ging oder dadurch, daß ich Blickkontakt mit ihm aufnahm und den anderen Hund "händelte". Nur, wenn ich da verpennte, wollte er "draufzu", allerdings auch das ohne Aggression, aber doch deutlich in seiner ganze Haltung nach vorne gerichtet.
Spannend waren neben diesen Möglichkeiten, die hier aufgezeigt wurden, einfach dadurch, daß man seinen und den anderen Hund gut beobachtet, auch die Fremdhund-Durchgänge. Ute bat uns stets, unsere Hunde im Moment, in dem der fremde Hund passieren mußte, unsere Tiere mit dem Rücken zum Fremdling zu drehen und irgendwie auf uns zu konzentrieren. Dies bringe, erklärte sie, für den Fremden, der ja in eine Art Rudel eindringe, am wenigsten Streß. Und tatsächlich gab es nur einmal eine blöde Situation, weil der fremde Halter mittendrin stehenblieb und blöde Kommentare abgeben mußte.
Was mir gefiel, war, daß Ute auch da nur die Hunde im Blick hatte. Sie ging neben dem fremden Hund begleitend her, griff aber das dämliche Herrchen nicht an. Sie machte durch IHRE Körpersprache aber sehr deutlich, daß er jetzt besser weitergehen solle und erklärte, als er weg war, daß sie früher auch versucht hätte, solchen Leuten was zu erklären, das aber mittlerweile für verschwendete Energie hielt.
Einen "Ausfall" gab es, als ein Staff, der "zum Rudel gehörte", aber nicht an den Übungen teilnahm, pöbelte. Da bellten gleich mehrere andere. Viele. Außer: Herrn Ben. :-)
Nach unserem zweiten Konfrontationseinsatz, in dessen Verlauf wir zwei Hunde bewältigten, war Herr Ben merklich erregt. Er wollte raus aus der Situation, nachdem er und der kleine Rumäne zuvor bewiesen hatten, daß man eine Konfrontation schlicht dadurch umgehen kann, daß man sich von sich aus zu Frauchen wendet und dem Artgenossen, den Allerwertesten zeigt. Wir kassierten DAS Lob des Tages. Und wenn ich mir das nur einbilde: Auch egal, gelobt wurden wir, und das freute mich ungemein.
Wie die Tatsache, daß Ben mir bewies, wie und daß er mir traute, indem er das Signal, daß ich anfangs in Unkenntnis der Anforderungen gegeben hatte, in aller Seelenruhe ausführte. Und indem er mich auch ohne Signal, wenn ich ihn nur anguckte, eben zurück anguckte, auch dann den anderen Hund ignorierend.
Was ich merkte, Bine, war das, was Du auch über Bandit sagst: Es kommt auf das richtige Timing an. Verpennte ich, den Blickkontakt aufzubauen, zog Ben auf den anderen Hund zu oder stark zur Seite, wegwollend. Half ich ihm, ging alles problemlos. Ich merkte, wie sehr wir Menschen da gefordert sind, wie sehr wir unseren Hunden aber auch Unterstützung geben können, wenn wir nur wach genug sind und sie wahrnehmen WOLLEN.
An diesem Tag folgte noch ein bißchen Bilderarbeit, wir übten noch gemeinsam anhand von Filmen und Photos andere Situationen als die von uns erzeugten, zu analysieren, und ich war froh, als dann Schluß war, weil ich einfacn wieder so übervoll an neuem Wissen war, daß ich erstmal ... mit Mydog Essen gehen und viel, viel rumblödeln mußte. Erst Zuhause kam ich dazu, ein bißchen in mir zu ordnen, doch abgeschlossen ist das immer noch nicht.
Ein Wort noch zum Thema Halsband oder Brustgeschirr, weil das für Ute ein wichtiges ist. Ihre Argumente pro Brustgeschirr, ich gebe sie einfach wertfrei wieder: 1) Ein Hund, der am Brustgeschirr gehalten werde, richte sich nicht so stark hoch wie einer, der am Halsband an der Leine zöge. Letzteres sei quasi gezwungen, sich hochzustellen, werde praktisch vom Halter hochgezogen und wirke dadurch, durch diese Körperhaltung, auf den auf ihn zukommenden Hund bedrohlich. 2) Ein Hund, der in ein Halsband ziehe, erfahre einen ungesunden Anstieg des Augeninnendrucks. Wir sollten mal darauf achten, daß die Augen eines solchen Hundes sichtbar stärker hervorquellen würden als bei einem am Geschirr geführten Hundes, dies sei ein Beleg dafür, daß der Augendruck steige, es gäbe jedoch auch entsprechende Studien dazu.
Wie Ihr wißt, trägt Ben ein Halsband, und eigentlich habe ich damit auch kein Problem. Ich einem Prozess des Nachdenkens bin ich allerdings schon begriffen und will jetzt gerne mal versuchen, entsprechende Filmsequenzen zu erzeugen, sprich, wie sieht es aus, wenn Ben ins Halsband zieht und wie, wenn er ein Geschirr trüge. (Sonora, hier wäre Dein Kameramann gefragt, ok?)
So, das wäre der erste Tag, der zweite folgt später. :-)
Viele Grüße Barbara mit Ritter Parcifal, Prince Maddox und Sir Lancelot sowie in ewiger Verbundenheit mit Malibub Athos, Seelenbub Ben, Spitzbub Ilias, Lausbub Seppl und 'dame de coeur' Lupa (G'lupa de la Noire Alliance)
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"Just a generation ago if you went near a dog when he was eating and the dog growled, somebody would say, 'Don't go near the dog when he's eating!, what are you crazy?' Now the dog gets euthanized. Back then, dogs were allowed to say, NO. Dogs are not allowed to say no anymore...They can't get freaked out, they can't be afraid, they can never signal 'I'd rather not.' We don't have any kind of nuance with regard to dogs expressing that they are uncomfortable, afraid, angry, or in pain, worried, or upset. If the dog is anything other than completely sunny and goofy every second, he goes from a nice dog to an 'AGGRESSIVE' dog." (Jean Donaldson)
*neidmoduson* Da wär ich gern dabeigewesen! *neidmodusoff*
Gibt die Frau Doktor B.-B. eigentlich nur bei euch in der Gegend Seminare oder "tourt" die auch mal? Das hört sich für mich alles nach einer Seminarleiterin an, die nicht auf Effekthascherei, sondern auf echte Wissensvermittlung aus ist. Da würd ich auch gern mal ein Seminar belegen!
Zitat von Elektra und ich war froh, als dann Schluß war, weil ich einfacn wieder so übervoll an neuem Wissen war, daß ich erstmal ... mit Mydog Essen gehen und viel, viel rumblödeln mußte. Erst Zuhause kam ich dazu, ein bißchen in mir zu ordnen, doch abgeschlossen ist das immer noch nicht.
Ahhhhhhhhh, jetzt verstehe ich, warum wir so wenig über das Seminar spruchen! ;-)))).
So, nun aber weiter *drängel*. Jetzt will ich auch was über den zweiten Tag lesen..... *undgeduldigbin* ;-)
Petra mit Mogli und dem Schäfchen im Herzen ------------------------ Der ist nicht klein, der ist ein Hundekonzentrat. :o)
Zitat von FrauBineGibt die Frau Doktor B.-B. eigentlich nur bei euch in der Gegend Seminare oder "tourt" die auch mal? Das hört sich für mich alles nach einer Seminarleiterin an, die nicht auf Effekthascherei, sondern auf echte Wissensvermittlung aus ist. Da würd ich auch gern mal ein Seminar belegen!
Sie "tourt" auch. Zwei Seminare, von denen ich denke, daß sie für Dich erreichbar wären: Der Hund und seine Ängste (Neustadt/Weinstr.) 02 Mai 2008 - 04 Mai 2008 VIP Grundlagen Workshop (87600 Kaufbeuren) 23 Mai 2008 - 25 Mai 2008
Vielleicht findest Du ja was. Oder schaffst es, mit dem neuen Töff-Töff nach Düsseldorf zu einem der Seminare/Vorträge zu kommen, auf denen ich mit Herrn Ben auch sein werde. :-)
Und, ja, Du hast Recht, sie hascht überhaupt keine Effekte. Für viele, die so im Netz rumschwirren, wäre ihr Stil genau der, der an mir auch schon kritisiert wurde: Zu wissenschaftlich, zu sachlich, zu "dröge". Ich fand aber keines ihrer Seminare "dröge", und mir gefällt gerade das, daß sie aus verhaltensbiologischer Sicht schaut und darauf auch ihr Training basieren läßt. Es ist alles logisch aufgebaut und wirklich fundiert, nicht auf irgendwelchen selbstgestrickten (Dominanz-)Theorien errichtet. Und: Sie hält Fragen stand. Sie kann und will wirklich erklären. Ich habe es bisher nicht erlebt, daß sie nicht eine gute Antwort und nach drei weitere in petto gehabt hätte. Und bis auf die Sache mit den Brustgeschirren (und da auch nur erträglich wenig) missioniert sie vor allem nicht. Sie überzeugt durch Argumente, zwingt aber nicht ihre Sichtweise auf. Und wie gesagt, sie hat das, was ich bei anderen Trainern/Referenten sehr oft vermisse, sie hat immer die Hunde im Blick, geht nicht über deren Bedürfnisse weg.
Ich bin mal gespannt, wie das beim Baumann sein wird, dessen Seminare ich im Mai besuche. Ansonsten hatte ich bisher einmal Bloch, der mir auch sehr gut gefiel, der aber deutlich mehr "Showman" ist als Frau Dr. :-)))
Viele Grüße Barbara mit Ritter Parcifal, Prince Maddox und Sir Lancelot sowie in ewiger Verbundenheit mit Malibub Athos, Seelenbub Ben, Spitzbub Ilias, Lausbub Seppl und 'dame de coeur' Lupa (G'lupa de la Noire Alliance)
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"Just a generation ago if you went near a dog when he was eating and the dog growled, somebody would say, 'Don't go near the dog when he's eating!, what are you crazy?' Now the dog gets euthanized. Back then, dogs were allowed to say, NO. Dogs are not allowed to say no anymore...They can't get freaked out, they can't be afraid, they can never signal 'I'd rather not.' We don't have any kind of nuance with regard to dogs expressing that they are uncomfortable, afraid, angry, or in pain, worried, or upset. If the dog is anything other than completely sunny and goofy every second, he goes from a nice dog to an 'AGGRESSIVE' dog." (Jean Donaldson)
Du kannst aber am Montag vergleichen helfen. Da probieren wir das Geschirr nämlich aus. :-)
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