Einige von Euch haben eine Debatte in einem anderen Forum mitbekommen, die sich darum drehte, wie ein gewisser Herr Schlegel mit einem hochgradig aggressiven Schäferhund umsprang. Es wurde u.a. in Beiträgen gesagt, einem derart "verdorbenen" Hund könne man nicht anders beikommen als selbst ein gewisses Maß an Härte aufzuwenden. Ich persönlich denke, das, was der Herr Schlegel da tut, ist noch keine Gewalt und vertretbar. Daß ich es anders machen würde, sagte ich dort nicht, weil mir da gewisse Ansichten nicht in den Kram paßten. Hier sage ich es. Es geht auch anders, und es geht mit ausschließlich positiver Verstärkung.
Ich möchte an dieser Stelle die Geschichte eines Hundes erzählen, den ich nicht kenne, der mir aber trotzdem ans Herz gewachsen ist. Sein Name ist Mack. Heute. Früher hieß er Tommy.
Mack ist neun Jahre alt und saß von diesen neun Jahren fünf in einem Tierheim. Dort wurde er mit Stangen fixiert, wenn jemand in seinen Zwinger mußte, denn beschädigungsfrei konnte ihn niemand betreten, wenn der Hund darin herumlief. Mack bzw. damals noch Tommy biß. Und er biß durch. Er biß Beschädigung und das böse. Was genau er vorher erlebt hat, weiß niemand, aber daß er mit ca. vier Jahren aus verwahrloster Haltung befreit wurde, weiß man. Auch daß er "rote Papiere" hat, ist bekannt. Vermutet wird, daß er irgendeine Form der Schutzhund-Arbeit gemacht haben könnte, möglicherweise ist er auf Mondoring trainiert, ein besonders üble Form, bei der der Hund, oft unter massiver körperlicher Qual, lernt, den gesamten menschlichen Körper nach einem Schema zu beißen. Daß Mack/Tommy mißhandelt wurde, daran besteht kein Zweifel.
Eines Tages wurde dann der Mann von Ute B.-B. gebeten, Mack/Tommy ein bißchen zu "bespaßen". Er begann, ihn zu klickern. Von außen. Er klickerte und warf Futter. Irgendwann vermißte Mack/Tommy den "Onkel" (Zitat Ute B.-B.), wenn er weg war und freute sich, wenn er kam. Mack/Tommy panikte aber u.a. vor jeder Leine. Wenn er eine sah, sah er noch etwas anderes, nämlich rot. Er wurde dann zur gefährlichen Waffe und war gar kein liebenswerter Schäferhund.
Der "Onkel" klickerte aber weiter. Jetzt auch das Ertragenkönnen der Leine, zunächst des Sehens derselben. Irgendwann war es soweit, der Hund zeigte keine Aggression mehr, wenn der "Onkel" eine in der Hand hatte. An diesem Punkt betrat derselbe den Zwinger. Und es wurde weitergespielt/geklickert. Mack/Tommy lernte, sich anfassen zu lassen. Sich einen Beißkorb anlegen zu lassen. Halsband und Leine anlegen zu lassen. Und schließlich: spazierenzugehen. Fünf lange Jahre hatte er das nicht gehabt, eine Perspektive von außerhalb des Zwingers.
Doch damit nicht genug: Er lernte, zu spielen. Er lernte, Spielzeug wieder abzugeben. Denn er war auch: ein Ressourcenverteidiger. Und weil er auch artgenossenaggressiv war, lernte er, in gewissem Rahmen andere Vierbeiner zu ertragen. Durch Scheiben kann er sie anschauen, wenn sie sehr nah sind, ansonsten liegt seine derzeitige Distanz bei ca. acht bis zehn Metern. Menschen können ihn nicht alle, nicht viele, aber doch einige anfassen. Lassen sie ihn in Ruhe, erträg er sie sowieso.
Und so kam vor vier Monaten ungefähr der wunderbare Tag. Aus Tommy wurde Mack, und Mack zog im Hause des "Onkels", also im Hause B.-B. ein. Er lebt mit seinem Herrchen in einer zweiten Wohnung im Haus, und er ist glücklich. Mittlerweile hat er sogar gelernt, zu schmusen, er, ein Hund, der wirklich nur miese Erfahrungen mit Menschen gesammelt haben muß.
Viele Grüße Barbara mit Ritter Parcifal, Prince Maddox und Sir Lancelot sowie in ewiger Verbundenheit mit Malibub Athos, Seelenbub Ben, Spitzbub Ilias, Lausbub Seppl und 'dame de coeur' Lupa (G'lupa de la Noire Alliance)
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"Just a generation ago if you went near a dog when he was eating and the dog growled, somebody would say, 'Don't go near the dog when he's eating!, what are you crazy?' Now the dog gets euthanized. Back then, dogs were allowed to say, NO. Dogs are not allowed to say no anymore...They can't get freaked out, they can't be afraid, they can never signal 'I'd rather not.' We don't have any kind of nuance with regard to dogs expressing that they are uncomfortable, afraid, angry, or in pain, worried, or upset. If the dog is anything other than completely sunny and goofy every second, he goes from a nice dog to an 'AGGRESSIVE' dog." (Jean Donaldson)
Am Montag hatte ich die Gelegenheit, Mack persönlich kennenzulernen. Vorweg: Er ist wirklich ein toller Hund. Und auch, wenn er Hüft-/Rückenprobleme hat und mit seinen neun Jahren schon ein "älterer Herr" ist, besitzt er die Imposanz, die ich persönlich an fast jedem Schäferhund feststelle.
Als ich ankam, hatte Dieter Mack mit Beißkorb gesichert. Nicht, weil er ihm nicht traute, sondern weil Mack oft Schmerzen hat und ein Hund, der eine Tendenz zur Aggression hat, gerade unter jenen leicht instinktiv aggressiv ist, auch wenn er es gar nicht "will".
Zu meiner Überraschung erlebte ich aber genau das Gegenteil von Aggression. Mack kam ganz von selbst bzw. von sich aus zu mir und forderte Streicheleinheiten ein. Er schob seinen Kopf unter meine Hand, und ich kraulte ihn natürlich nur zu gerne.
Dann gab es: Leckerchen.Auf die Mack genauso scharf ist, wie die meisten seiner Artgenossen.
Fürderhin hatte ich -während des Gesprächs- einen Schatten, Mack hing am Leckerchenbeutel und bekam natürlich auch immer wieder mal. Irgendwann fiel ein Teil-Keks zurück, er hatte ihn nicht richtig im Beißkorb gehabt. Ich wollte ihn instinktiv aufheben, als mir einfiel, daß Ute auf einem Seminar mal gesagt hatte, Mack sei ein Ressourcenverteidiger. So ließ ich Dieter das Dings aufheben, sicherheitshalber. Als es das nächste Mal passierte, versuchte ich, ob ich es nicht selbst aufheben könnte, das "Runterfallsel". Und siehe da: Mack ließ mich dran und wartete -ungeduldig- bis ich es ihm erneut in den Korb geschoben hatte.
Spontan kam nun die Idee auf, noch ein Stück spazierenzugehen. Ich wollte Mack nur allzu gerne auch draußen mal sehen. Dieter machte sofort mit, schon, weil Mack den Vorschlag offenbar klasse fand. Trotz der Temperaturen.
Eigentlich sollte es an den Rhein gehen. Doch Mack beschloß: Ich will ins Feld. Und hüpfte ins Auto, aus dem er auch nicht wieder rauswollte. Wir fuhren also: ins Feld.
In der freien Natur erlebte ich einen Hund, der trotz seiner gesundheitlichen Schwierigkeiten Freude am Leben hatte, sich unter Obstbäumen auf Pflaumensuche begab und der auch die Schleppe schon mal lustig um einen Baum wickelte. An diesem Punkt entfernte Mack den Beißkorb und mir war richtig wohl ums Herz.
Ich muß sagen: Ich hatte mich in Mack verguckt, und jetzt, live und in Farbe, begeisterte er mich noch mehr.
Ein kleiner Höhepunkt war dann, für Mack, den Hund, der mit Artgenossen überhaupt nicht umgehen mag und der auf gute 8 m durchaus auf diese zubrettern will, daß wir an meinem geparkten Auto, mit geöffneter Heckklappe, Ben in seiner Box deutlich wahrnehmbar, locker vorüberkonnten. In einem Abstand von weniger als drei Metern. Ben verhielt sich total ruhig, und Mack zeigte an, daß er ihn gesehen hatte, blieb aber trotzdem locker. Im Moment des Passierens schaute er - mich an. Das war wirklich ungeheuer schön, und natürlich bekam er für diesen seinen Charme ein Leckerchen extra.
Es war eine Freude, Mack zu erleben. Aber es war vor allem noch einmal ein deutlicher Beleg dafür, was möglich ist, wenn man "nur" positiv mit einem Hund arbeitet. Ich ziehe meinen Hut vor Dieter, der das tat und der seinen Hund sichtlich wirklich richtig gerne hat.
Übrigens: Jagdtrieb hat Mack auch noch. Die Taube vom Photo saß im Straßengraben, war offenbar verletzt, und natürlich wollten der Herr Hund Beute machen. Dieter hielt ihn davon natürlich ab, und der Geschirrgriff, der auf dem ersten Bild zu sehen ist, beruhigte den in diesem Moment sehr angespannten Mac sichtlich. Auch eine Form der Konditionierung: Signalwort "easy", verbunden mit dem vorher geübten Griff ins Geschirr, führt zum "Runterfahren" des gestressten Tiers.
Viele Grüße Barbara mit Ritter Parcifal, Prince Maddox und Sir Lancelot sowie in ewiger Verbundenheit mit Malibub Athos, Seelenbub Ben, Spitzbub Ilias, Lausbub Seppl und 'dame de coeur' Lupa (G'lupa de la Noire Alliance)
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"Just a generation ago if you went near a dog when he was eating and the dog growled, somebody would say, 'Don't go near the dog when he's eating!, what are you crazy?' Now the dog gets euthanized. Back then, dogs were allowed to say, NO. Dogs are not allowed to say no anymore...They can't get freaked out, they can't be afraid, they can never signal 'I'd rather not.' We don't have any kind of nuance with regard to dogs expressing that they are uncomfortable, afraid, angry, or in pain, worried, or upset. If the dog is anything other than completely sunny and goofy every second, he goes from a nice dog to an 'AGGRESSIVE' dog." (Jean Donaldson)