während Barbara gerade das nun sehr passende "Bild der Woche" erstellte begab ich mich mit Kepri in den Tagebau zu einer Runde in frischer Abendluft, ich freute mich wie immer schon sehr darauf nun endlich mit dem Podi in der Pampa zu verschwinden. Wie sprichwörtlich sie dies nimmt ahnte ich dabei noch nicht.
Ein sehr hitzegeschädigter Podi schluffte neben mir her-ganz friedlich, sie ignorierte aufdringliche Hunde, lies sich nicht vom Knurren einer Hündin beeindrucken, sie schien einfach fertig. So verschwanden wir im deutlich kühleren Waldstück.
Nach nur wenigen Metern sichtete der Podi ein Kaninchen, ruckte kurz an der Leine (ich noch total verträumt, da der Podi ja sooooooooo fertig schien) und die Leine gab nach. Ich hatte schlicht nicht überprüft, ob alle Verschlüsse der Jagdleine ordentlich verschlossen waren. So stand ich also mit dem Rest der Leine in der Hand im Wald und der Podi bereits einige Meter im Unterholz. Ich pfiff, der Podi drehte, eine kurze Sequenz hätte ich platzen können vor Stolz-leider sprang nun ein zweites Kaninchen direkt vor dem Podi auf dem Weg zu mir auf UND DER PODI WAR NUN WEG! Kein Pfiff der Welt hätte sie nun noch halten können!
Ich hörte die klassischen Hetzlaute, die sich rasend schnell entfernten. Leider hörten die Hetzlaute zu meiner Beunruhigung sehr schnell auf und es war sehr still im Wald. Kein Ästchen knackte mehr, die Stille war zum Greifen. Ich ging. Ich war beunruhigt, solange ich Hetzlaute höre muss ich nicht um Leben fürchten.
Ich spielte Kepris letzten Jagdausflug vor einem Jahr durch:
ein Podi auf Adrenalin bis zum Anschlag, nicht ansprechbar, nicht erreichbar, nichts dringt durch, es dauerte tatsächlich eine Woche, bis Kepri wieder führbar wurde-ein Graus!
Die Stille herrschte noch immer im Wald.
Nach etlichen Minuten knackte es im Unterholz, ich rief leise nach Kepri, ich bemühte mich meiner Stimme einen sicheren und erfreuten Tonfall zu verleihen ( mit einem riesen Kloß im Hals), da sah ich sie schon:
sie hörte mich nicht und irrte verunsichert, nicht jagend durch das Unterholz, zu der Stelle wo sie mich hinterlassen hatte-ich war nicht mehr dort. Ich ging ihr entgegen, sie sah mich und beschleunigte-mitten durch eine Dornenhecke mühte sie sich auf dem direkten Weg zu mir.
Sie schaute mich an, ich sah die Verunsicherung, sie wedelte leicht, was ich nicht sah war Adrenalin. Ich lobte sie, feierte ihre Party. Ich lies sie absitzen, sie tat dies, ich legte sie ins Platz um sie zu sichern, sie platzte. Unglaublich! Sie war zu 100% bei mir, keiner wird verstehen können wie ich diesen Moment erlebte! Wir waren uns so nah!
Ich setzte mich zu Kepri auf den Waldboden und sprach leise mit ihr, während ich sie streichelte. Sie kochte zunehmend runter. Wir gönnten uns die Zeit und verharrten lange sitzend im Wald.
Da ich schon gesehen hatte, dass Kepri verletzt war untersuchte ich sie langsam-einen kleinen Schmiss am Hinterlauf fand ich, unspektakulär, vermutlich ein Ast der im Weg war. Nun sah ich mir Kepris Ohr an, ein 50 Cent grosser Bluterguss prangt dort. Eine Hauteinblutung zwischen dem Knorpel und der Haut, ohne Austrittsmöglichkeit für das Blut. Bei schlappohrigen Hunden sicher die klassische Vorstufe zum Blutohr. Nun gut, ändern konnte ich im Wald nichts, so schlufften wir heimwärts. Auf dem Weg entdeckte ich an ihrem Halsband Blutspuren.
Wieder heim versorgte ich unter dem kritischen Blick von Michael Kepris Blessuren und erzählte ihm was geschehen war. Er wirkte sehr froh nicht dabei gewesen zu sein, sorgte sich aber auch um das Kaninchen und Kepri.
Unser weiterer Abend bis jetzt: Kepri mutierte zum Hinterherdackel und lässt mich nicht aus den Augen, sie ist extrem anhänglich und trotz ihrer offensichtlichen Müdigkeit sucht sie meine Nähe. Ich behalte sie im Auge, da ich mir Sorgen um sie mache ( Kaltstart )
Nun wo ich mir dies vom Leib geschrieben habe kann auch ich nun Ruhe finden. Ich hoffe nur, dass nicht irgendwo im Wald ein verletztes Kaninchen liegt.
Für alle Neuuser: ich bin mir durchaus bewusst, welches Potential ich an meiner Seite habe und kann damit umgehen.
Weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll. Die Stille im Wald war jetzt beim Lesen sogar für mich greifbar..... *schauder*
Aber der Abschluß ist versöhnlich, auch wenn das Erlebnis erschreckend war (und an den Hasen denk ich lieber nicht). Ich seh es richtig vor mir, wie Ihr zwei da auf dem Waldboden hockt...... ganz nah beieinander.
Gute Besserung für den Podi und ein ruhige Zeit für Dich!
Petra mit Mogli und dem Schäfchen im Herzen ------------------------ Der ist nicht klein, der ist ein Hundekonzentrat. :o)
Pöttisches Dornröschen, das gestählt mit letztem ungarischen Mohikaner auf Messers Schneide das "Bodlenberg Hilton" samt "Fred's Pizzaofen" betreibt und Tante Mogli
Hachje, das ist aber wirklich und im wahrsten Sinne des Wortes dumm gelaufen.
Aber gleichzeitig ist das Verhalten von Kepri nach dem Kaltstart auch ein sehr deutlicher Gradmesser dafür, wie sehr sich eure Beziehung seit dem letzten Jagdausflug vertieft hat, nicht wahr? Wenn es etwas Positives aus einer solchen Situation zu ziehen gibt, dann das...
Schluck,... habe ganz gebannt deinen Bericht gelesen,... Durch Kitos Jagdlust kann ich nachfühlen, wie still diese Stille im Wald sein kann... Schön das es gut ausgegangen ist.
Schluck...und dann ganz viel Stolz für Euch beide. Kein Adrenalin? Du hast mit Kepri wirklich gute Arbeit nicht nur in punkto Konzentration und Stressabbau/-umgang geleistet. Deine Konditionierung trägt auch hier Früchte. Die Du jetzt nach jahrelanger Arbeit ernten darfst, auch wenn der Anlass erschreckend war und nicht unbedingt wiederholt werden muss.
@ Anja: Was schleichst Du auch alleine durch den Wald ..., ich will endlich auf den Berg.
L&L
Der Mensch braucht ein Ziel, ein Hund Orientierung, sonst werden beide irre.
Weißt Du, Anja, Du kennst mich, ich versuche ja gerne mal, den "advocatus diavoli" zu geben. Wenn ich das mal tue und die Sache mal in einem ganz anderen Licht beleuchte, kommt so ungefähr folgendes raus:
Wir haben einen Hund, der nur für die Jagd auf Niederwild gezüchtet worden ist. Und zwar als Allein- und Ausdauerjäger. Dieser Hund kam mit ca. drei Jahren in eine Tötung, wie ich von Dir weiß, vermutlich, nachdem er dem Jäger zu triebig wurde und weggeworfen wie eine Sache, die man nicht mehr braucht. Dieser Hund hat also mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit mehr als einen Jagderfolg auf seiner Liste der Erfahrungen.
Dieser Hund war es in seinem früheren Leben gewohnt, alle paar Monate für kurze Zeiträume aus einem Verschlag raus und ans Tageslicht gezerrt zu werden, einzig, um dann keine andere Aufgabe zu haben als Beute zu machen.
Bindung zu Menschen? Fehlanzeige. Zuwendung durch Menschen, Aufbau von Vertrauen? Fehlanzeige. Leben, wirkliches Leben? Fehlanzeige, Fehlanzeige, Fehlanzeige.
Diesen Hund, der eine klarere Disposition als die zur Jagd nicht aufweisen könnte, der schlechtere Voraussetzungen für einen Beziehungsaufbau zu einem Menschen kaum mitbringen könnte, hast Du jetzt seit ca. 1,5 Jahren. Das heißt, er hat doppelt so lange, wie sein Leben bei Dir jetzt währt, Zeit gehabt, sein Beutekonto aufzufüllen wie sein Minuskonto in punkto Mensch zu füllen.
In DIESEM Licht besehen, bedeutet das, was Du so fast lapidar erzählst, etwas ganz anderes und viel mehr als Deine, Verziehung, Bescheidenheit, mit erzählt.
Dieser Hund, der mit den Voraussetzungen, die ich oben beschrieb, läßt sich von Dir vom ersten Kaninchen abrufen, obwohl er frei war, die Leine schon gerissen. Das würde viele "normale Hunde" schon nicht tun. Das grenzt an ein Wunder. Und es war nicht das erste dieser Art, Kepri ließ sich in letzter Zeit ja häufig von Dir vom Kaninchen "weglocken", Du warst mehr als einmal wichtiger für sie als das Wild.
Und dann, nachdem der unglücklichste aller Umstände passierte, nämlich der, das ein weiteres Wild ihr den Weg zu Dir schneidet, rast dieser Hund los, einer, der normalerweise stundenlang hinter einer Beute hergehen kann, der (voller Dopamin, Adrenalin, Cortisol - naja, all dem Kram, den ein Hund, der Jagd nun mal in seinen Adern oder sonstwo haben kann) kurz und gut high wie ein Junkie ist, der gerade einen Schuß bestes Heroin konsumiert hat. Und was tut er? Er kommt nach knapp fünf Minuten zurück zu Mama. Das grenzt an Zauberei.
Darauf solltest Du stolz, darüber solltest Du megaglücklich sein. (Ich weiß, bist Du, aber ich hätte so gerne, daß auch die Allgemeinheit sich mal so richtig zu Gemüte führen kann, woher Kepri kommt und was Ihr zusammen wirklich schon erreicht habt.)
Und als ob das allein nicht reichte, ist dieser Wahnsinns-Podi nicht -wie früher und noch bis vor ziemlich kurzer Zeit üblich- etwa total abgedreht, sondern nach kurzer menschlicher Zuwendung, Deiner nämlich, wieder ganz normal ansprechbar.
Was das bedeutet konnte ich mir bis vor einigen Monaten auch nicht richtig vorstellen. Bis ich das Adrenalin in Kepris Augen EINMAL sah und mir ein Bild von Deiner Aussage machen konnte, daß so eine aufgepushter Podi eben NICHT -wie ein Herr Ben- nach ein paar Minuten den Hasen vergessen hat, den er jagen wollte, sondern tagelang braucht, um von seinem Trip wieder runterzukommen. Es ist fast unglaublich, daß Du Deinen Hund durch Entspannungsrituale, viel Ruhe auf Spaziergängen, gezielte und richtige Beschäftigungsprogramme DAHIN hast bekommen können. Aber: Ihr habt es -seit Wochen immer wieder und heute nochmal eindrucksvoll dokumentiert- hinbekommen.
Von daher - ziehe ich den Hexen-Hut vor Dir und dem Super-Podi und gehe jetzt schon mal, den Orden für die Huldigung der Morgensonne backen. :-)
Viele Grüße Barbara mit Ritter Parcifal, Prince Maddox und Sir Lancelot sowie in ewiger Verbundenheit mit Malibub Athos, Seelenbub Ben, Spitzbub Ilias, Lausbub Seppl und 'dame de coeur' Lupa (G'lupa de la Noire Alliance)
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"Just a generation ago if you went near a dog when he was eating and the dog growled, somebody would say, 'Don't go near the dog when he's eating!, what are you crazy?' Now the dog gets euthanized. Back then, dogs were allowed to say, NO. Dogs are not allowed to say no anymore...They can't get freaked out, they can't be afraid, they can never signal 'I'd rather not.' We don't have any kind of nuance with regard to dogs expressing that they are uncomfortable, afraid, angry, or in pain, worried, or upset. If the dog is anything other than completely sunny and goofy every second, he goes from a nice dog to an 'AGGRESSIVE' dog." (Jean Donaldson)
Hallo Anja! Ganz großen Glückwunsch für diese Demonstration, wie unglaublich viel machbar ist. Wo uns diese enge Beziehung zum Hund wiedermal klar wird,warum grad er des Menschen liebstes Haustier ist. Mir hat bei der Schilderung mächtig das Herz geklopft und hatte ein gaaaanz anderes Ergebnis befürchtet. Besser als Barbara kann man es mal wieder nicht sagen. Über soviel Hintergrundwissen in Bezug auf die Haltung und Einsatz von Podencos verfüge ich nicht, das war eindrucksvoll.
Um so größer eure Leistung. Bin schwer beeindruckt. Ich hoffe, es wurde entsprechend gefeiert!!
Liebe Grüße an die Helden Margit
Es grüßen Margit, Tom und Cora ....................................................
"Das Wenige, das Du tun kannst, ist viel!" (Albert Schweitzer)
Der aktuelle Stand: Kepri schläft zwar noch (das ist normal), ich habe aber ihr Ohr nochmals betrachtet: die Schwellung ist weg, das 50 Cent Stück hat nun verschwommene Ränder, ich gab gestern Tensolvet (kühlendes Gel gegen Prellungen und so weiter) darauf, es sieht heute besser aus. Sobald sie wach ist werde ich versuchen im Gegenlicht ein Foto davon zu machen. Nun zu ihrem Verhalten:
alles ganz normal!
@Barbara:
ich danke Dir für Deine Hintergrunderklärung aus neutraler Sicht! Womit Du ja nun schon eine Aussenansicht für die HP hättest
@all:
manchmal geht im alltäglichen Umgang der Fortschritt unter, ich versuche mich in schwierigen Momenten des Hundes zu entsinnen, der hier vor 1,5 Jahren einzog-deutlicher kann ich die Unterschiede nicht sehen und mich täglich an Kepris neuer Art freuen.
Mir fällt nur ein Satz dazu ein, Anja, ich bin stolz auf euch. Das ist die Belohnung für EURE Arbeit - klar, die Verletzungen hätten nicht sein müssen, und auch der Hase tut mir sehr leid, wenn er das Schicksal erlitt, was ich glaube, dass er es erleiden musste - aber trotz allem ICH BIN STOLZ AUF EUCH!!!! Wer eure Geschichte verfogt hat, weiß, wieviel Arbeit ihr da rein gesteckt habt und welche Tiefschläge ihr auch einstecken habt müssen. Und jetzt glaub ich persönlich einfach, dass ihr am Ziel seid...
Diesen Frust beim Abhauen, die Angst beim Warten und das Aufatmen beim Zurückkommen kann ich gut nachfühlen - das Ganze ist mir ja nicht unbekannt.
Ich finde auch, dass das, was du mit Kepri erlebst, eine Entwicklung ist, auf die du sehr stolz sein kannst.
Das schnelle Zurückkommen, das Verunsichertsein, das 100%ige Angekommen/Aufgehobensein bei dir nach dem Abstecher finde ich, zeigt, dass sie zwar gegen ihren Trieb nicht voll ankommt, aber daraus keine großartige Befriedigung mehr zieht. Im Gegenteil, sie ist froh (und wie!), wieder bei dir sein zu können - das ist auch ein toller Glücksmoment für dich!
Ich freue mich sehr für euch und darüber, dass das Ohr wieder besser wird.
P.S. Also das mit dem Ohr, das wäre jetzt etwas, wo Blutegel wirklich gut und vor allem schnell helfen würden. Aber, o.k., ich weiß ja, das ist nicht jedermanns Sache..
@Amelie, schade das ich nicht die Blutegel aus dem Teich verwenden kann, wär nämlich mein Ding
ja, auch ich finde Kepris gestriges Verhalten denkwürdig für diese Vorausetzungen, nicht vergessen ist ihre Vorgeschichte, ihre Erfolge die sie dort erleben durfte und trotz allem bereit ist sich auf meine adrenalinarme Führung einzulassen.
Zur Sicherheit finden die nächsten Spaziergänge wieder an der Schleppe statt- der Podi vergisst nicht...