Das wird dann ein längerer Beitrag – ich versuche mich kurz zu fassen und ich beginne ganz von vorne, als alles noch „normal“ war:
Fipsi ist ein fröhlicher, sehr impulsiver, energiegeladener, tollkühner Terrier. Wir liefen jeden Tag 15 km gemeinsam und trainierten dabei. Wir sind im Hundesport, was uns beiden sehr viel Spaß macht – Longieren und Agility. Mit Ach und Krach haben wir den Hundeführerschein gemacht. Das ist uns wirklich schwer gefallen. Ich hatte einen Hund, der immer voll Speed war, immer gut drauf. Mein Job war es ihn einzudämmen und Ruhe Ruhe Ruhe in das System zu bringen. So sehr er austeilt so sensibel ist er auch. Ein Beispiel : Unsere Trainerin hatte beim Longieren, eines Tages ein Sprühhalsband mit, weil er im ersten halben Jahr nur Unsinn machte. Sie meinte jedoch, dass so ein Hund wie er darauf nicht reagieren würde, bzw das ignorieren würde. Dann hatte sie ihn einmal damit gestraft und der Hund ist die ganze Stunde nur noch völlig geknickt über den Platz gestrichen und ist in der Art nie nie wieder auch in allen weiteren Stunden später noch mal ausgebüchst. Wir haben bereits sehr früh ein Hausfrauen – Anti Jagd Training gemacht, weil der kleine Fipsi ein wirklich extremer auch sehr talentierter Jäger ist. Das heißt Freilauf war nur in homöopathischen Dosen möglich. Vor einem halben Jahr haben wir dann ein Anti Jagdtraining speziell für Jagdhunde gemacht um den Freilauf auszubauen mit einem super Erfolg - die Einübungsphase sollte zumindest 7 Monate sein und wir waren auf einem exzellenten Weg. Ich erwähne das, weil kurze Leine, keine Leine, Schleppleine in der Hand, Schleppleine am Boden in der jetzigen Situation relevant ist, ich denke aber nicht dass das ursächlich ist.
Zwischen den Jahren waren wir in den Ferien und ich bin einen Tag weg gefahren und mein Hund war mit meinem Freund allein. Main Freund hat mich angerufen, weil fipsi sich den ganzen Tag weigerte mit ihm das Haus zu verlassen, bzw die Grundstücksgrenze. Das hatte er noch nie zuvor gemacht. Ich bin bei meiner Rückkehr am Abend noch ne Runde mit ihm gelaufen und wir haben uns nichts weiter gedacht. Verdächtig war nur dass er so offensichtlich extrem folgsam und brav war. Sylvester war ne Katastrophe, wir waren im Haus hatten alle Vorsichtsmaßnahmen getroffen, der Hund hat gezittert wie Espenlaub. Die Tage danach knallte es noch heftig und der Hund war immer in totaler Angst, wollte nach Hause nicht mehr weiter. Dann sind wir zurück nach Hause gefahren, weil ich dachte es würde besser, weil Hunde ja lokal Ereignisse verknüpfen und weil es auf einer Strecke immer knallte.
Zuhause angekommen nach dem ersten Tag ( 1Woche nach Sylvester ) verschlimmerte sich alles gravierend. Der Hund lief gar nicht mehr. Jedes kleinste Geräusch direkte Umkehr zum Auto oder ins Haus. Und im Haus war er dann auch völlig fertig. Er hat nur geschlafen, war völlig apathisch. Ich hab jeden Tag versucht mit ihm rauszugehen. Panikattacken, schiere Angstzustände – das völlige Einfrieren und gepaart mit einem extrem unbändigen Nachhauseziehen. Zuhause erschien er wie erloschen – wenn er ein Mensch wäre würde ich diagnostizieren, eine extreme Depression. Völlig ungewohnt und sehr besorgniserregend. Ich bin direkt zur Tierärztin und wir waren über 10 Tage hinweg täglich bei ihr. Wir haben alle möglichen Untersuchungen gemacht. Das war auch für mich grässlich, weil allen Leuten denen ich begegnet bin, vermuteten was anderes vom Tumor, Prostata über Augenerkrankung über Blasenstein – wir haben alles untersucht – er zeigt keine organischen Auffälligkeiten. Seitdem bekommte er nun homöopathische Mittel gegen die Angst und etwas für die Nerven. Mit sehr guter Wirkung, denn gottseidank ist diese extreme Panik nun fort, auch zuhause ist der kleine Fipsi wieder fröhlich, vielleicht ein wenig müder aber deutlich lebendiger – fast wie zuvor. Auch rennt er wieder in den Garten alleine, wenn man da mit ihm spielt und Übungen macht- ist gar nichts mehr spürbar.
Jetzt ist es draußen so, dass er auf Geräusche immer noch stark reagiert, aber keine Panik mehr zeigt. Er friert auf einmal ein und bewegt sich nicht mehr von der Stelle. Ich habe es mir zum Ziel gesetzt nicht umzudrehen, dh. ich hab eine ganze Varianz an abstrusen Optionen um ihn weiter zu bekommen. Wenn leichtes Ziehen hilft habe ich mehr als Glück, meist verharrt er komplett – dann kann eine Option sein , dass ich die Leine loslasse und einfach weiterlaufe, er folgt dann zum Teil in 40 Meter Abstand hinter mir her – bis er aufgibt und dann immer ganz dicht an meinen Fersen klebt und immer hinter mir folgt. Zurückschauen darf ich auf keinen Fall, dann friert er sofort ein. Futter hilft gar nicht – leider ist er auf Futter nie angesprungen- trotz Handfütterung Spielzeug hilft ab und an. Rufen – Pfeifen – manchmal. Manchmal bleib ich einfach bei ihm über 10 Minuten stehen. Ganz vereinzelt ist er auch schon sogar mal ein paar Meter voraus gegangen- auf dem Rückweg ist es immer dieses extreme Nachhauseziehen, da lass ich ihn dann an ganz kurzer Leine Fuss laufen und nur das beruhigt ihn und wir können einigermaßen flott aber ohne diese Hetze nach Hause gehen. Zum Teil erinnert er mich an seine Welpenzeit –dieses übergeöffnet sein für alle Außenreize und das wahnsinnige Nachhauseziehen.
Während er zuvor beim Einfrieren nur panisch war und nicht ansprechbar war, ist es jetzt so dass ich ihn auch auf 40 Meter hinweg mit Handzeichen ins Sitz nehmen kann. Das heißt er achtet extrem auf mich und ist auch wieder voll ansprechbar. Es ist wie Jeckyll and Hyde, ich meine , seine Reaktionen sind für mich kaum greifbar und dann wiederum führt er Befehle plötzlich so perfekt aus wie nie jemals zuvor. Wir hatten mit dem Fuß immer extreme Schwierigkeiten und jetzt lauft er über lange Strecken entspannt und fühlt sich sichtlich wohl. Für mich auch eine gänzlich bizarre Situation, dass er nun so rückwärtsgerichtet ist und dann in der Umkehr so extrem energetisch.
Was hinzu kommt ist, dass er extrem auffallend triebig ist … Nase auf den Boden… er riecht andere Hunde und seit 1 Woche ist er mit dem Jagen wieder auf Welpen Niveau – er wimmert vor Gebüschen und ist mega- aufgeregt, keinerlei Impulskontrolle, das hatten wir schon längst überwunden,. Aber dann wenn er ins Gebüsch will und ich geb ihm das NEIN, bricht er sofort ab. Auch das ist so überraschend, dass er trotz diesem extremen Erregungslevel noch abbrechen kann. Manchmal kommt mir auch der Gedanke, dass er in diesem Verharren / Einfrieren opponiert. Seit ein paar Tagen, das ist neu zieht im Nachhausemodus auch auf einmal, wenn es zum neuen Jagdbusch/ Jagdloch geht also nicht nach nur Nachhause.
Mein kleiner Fipsi ist außerhalb der Range. Ich schreibe jetzt für mich ein Hundetagebuch, damit ich mich selbst besser strukturieren kann und ich freue mich, dass wir immer mehr Fortschritte machen – auch wenn es ganz kleine sind und ich habe auch das Gefühl seit 2 Tagen,, dass wieder mehr Interaktion zwischen uns beiden abläuft. Dennoch es ist als hätte ich einen ganz anderen Hund und wir fangen ganz von vorne an. Mein Eindruck ist er braucht starke Orientierung und ich habe keine Ahnung was Fipsi für ein Hund sein wird. Habt ihr so etwas schon mal erlebt ?
Ich kenne Vieles von dem, was Du beschreibst sehr genau. Ohne auf die genaue Motivation einzugehen und ohne Deinen Hund zu kennen, kann ich Dir eines ganz sicher sagen: Dein Hund hat Streß und zwar ganz gewaltigen Streß.
Du schreibst ihr habt beim TA alles checken lassen. Was alles? Wurde das Skelett/die Gelenke geröntgt? Wie sehen die Schilddrüsenwerte aus? Sind die Zähne alle in Ordnung? Ich frage das alles, weil Vieles von dem was Du schreibst Schmerzassoziiert sein kann bzw. Symptome einer Schilddrüsenunterfunktion sein können.
Zitat Ich hatte einen Hund, der immer voll Speed war, immer gut drauf. Mein Job war es ihn einzudämmen und Ruhe Ruhe Ruhe in das System zu bringen. So sehr er austeilt so sensibel ist er auch. Ein Beispiel : Unsere Trainerin hatte beim Longieren, eines Tages ein Sprühhalsband mit, weil er im ersten halben Jahr nur Unsinn machte. Sie meinte jedoch, dass so ein Hund wie er darauf nicht reagieren würde, bzw das ignorieren würde. Dann hatte sie ihn einmal damit gestraft und der Hund ist die ganze Stunde nur noch völlig geknickt über den Platz gestrichen und ist in der Art nie nie wieder auch in allen weiteren Stunden später noch mal ausgebüchst.
Ich hoffe sehr für Deinen Hund, dass weder Du noch Deine Trainerin sowas in der Art nochmal macht. Du glaubst gar nicht wie nachhaltig man einen Hund dadurch traumatisieren kann. Solche Methoden verschlimmern die Situation nochmal um ein Vielfaches. Äusserlich wird Verhalten vielleicht utnerdrückt. Aber sieht es deshalb in Deinem Hund anders aus? Das tut es defintiv nicht. Was aber dazukommt ist eine zusätzcliche Angst vor diesem Schreckreiz. Schau, mein Lumpi ist mit der Schwanzspitze an einen Elektrozaun gekommen und hat dabei sein Herrchen angesehen. Er hatte 2 Jahre lang Angst vor ihm und es hat viel Training und noch mehr Tränen gekostet das wieder gerade zu biegen. Hunde verstehen diese Bestrafungen nicht. Wenn ich einem Hund "Sitz" beibringe und tausendfach mit ihm wiederhole und er das in allen Situationen unter diversen Ablenkungen zuverlässig ausführt und ich DANN strafe, wenn er es nicht macht, ist es etwas, das ein Hund verstehen kann. Er weiß, was ich von ihm will. Aber auch dann SOLLTE man von Schreckreizen wie Sprühhalsband, Wasserflasche und Co. absolut Abstand nehmen. Wofür wurde Dein Hund gestraft? Für´s Nervössein. Wenn Du nervös bist und jemand erschreckt Dich halb zu Tode, bist Du dann weniger nervös? Wenn man einem ADHS-Kind unter Androhung von Strafe verbietet zu hibbeln, ist es dann ruhiger? Schau, fast jede Rasse wurde zu einem bestimmten Zweck gezüchtet. Terrier sind triebig, sie sind allzeit bereit und sie sind von überschäumender Aktivität. Aber das hat der Mensch so gezüchtet, es ist in den Genen verankert. Wie will man das durch Strafe verbieten? Damit kann man Verhalten nur äußerlich deckeln, nicht aber die Emotionen im Hund verändern, die zu diesem Verhalten führen. Dazu kommt noch ein entscheidender Faktor: die Fehlverknüpfung. Wenn man weiß wie Hunde lernen, weiß man was bei solchen Maßnahmen alles schief gehen kann. Er sieht in dem Moment ein Kind - und von dem Zeitpuntk an, hat er vor Kindern Angst oder der vorbeifahrende Radfahrer ist ab sofort ein Hassobjekt. Ich könnte jedes Mal weinen, wenn ich höre wie viele Trainer immer noch glauben mit solchen "Methoden" einen Hund von seinen absolut natürlichen und hundlich logischen Verhaltensweisen kurieren zu können.
Als erstes Mal glaube ich braucht ihr Beide die nötige Ruhe. Dass er auf Silvester so extrem reagiert, zeigt doch wie nachhaltig er negativ verknüpft. Ich kenne das leider nur zu genau.
Wie trainiert ihr? Clickert ihr? Oder arbeitet ihr mit Bestätigungswort udn Belohnung? Ich habe mit meinem Mo einen ganz entsetzlichen Hibbel, der früher auch auf jeder Spur SChaum vorm Mund hatte und nciht mehr ansprechbar war. Das Wichtigste bei solchen Hunden ist Ruhe. Jedes laute Wort, jede Ungeduld führt zu noch mehr Hibbeligkeit. Hier ist wichtig kleinschrittig zu trainieren und sehr kleinschrittig zu belohnen. Ich kann Dir das Buch "Der hyperaktive Hund" von Maria Hense empfehlen.
Vielleicht liest Du Dich hier ein wenig ein, Du findest eine Reihe Infos zum Clickern. Du kannst Auch einfach mal die ganzen Beiträge unter "Behaviour" durchlesen, da sind schon einige hilfreiche Antworten dabei.
Viele liebe Grüße Frau T.mit Lumpi,Mo undNils __________________________________________________________________________
Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch. Karl Valentin
Oha, da habt Ihr ja schon viel durch! Deine Beschreibung von Fipsi klingt nach einem gänzlich verunsicherten Hund, aus vermutlich mehreren unterschiedlichen Gründen. Fipsi da heraus zu holen wird sicher Zeit, Geduld und Engagement kosten, aber das weißt Du ja und bist ja schon mitten in der Arbeit daran. Ich schreibe mal einfach drauflos, was mir dazu einfällt.
Habe ich es richtig verstanden, daß der Auslöser des Dramas Dein Wegfahren ohne ihn war? Das legt nahe, daß solche Situationen noch nicht ausreichend trainiert worden sind. Möglicherweise steckt nicht nur zu wenig Alleinbleib-Training, sondern echte Verlassensangst dahinter. Dann Sylvester - ganz schrecklich für viele viele Hunde! Und früher das Sprühhalsband war sicher auch nicht hilfreich in Sachen Vertrauensbildung und Umweltsicherheit...
Du hast jetzt also einen Hund, der u.U. soviel Angst hat, daß er das Haus/Grundstück nicht verlassen mag, der auf dem Heimweg zieht wie ein Ochse, der starkes Jagdverhalten zeigt. Für mich hängt das eng zusammen: Jagd ist eine Möglichkeit, Streß abzubauen. Ich kenne das von 2 meiner Hunde; je gestreßter sie sind, desto größer ist ihr Drang, jagen zu gehen und desto weniger ansprechbar sind sie natürlich auch. Extrem guter Gehorsam kann auch ein Zeichen dafür sein, daß der Hund verängstigt ist und aus Angst vor Strafe alles richtig machen will. ("Strafe" muß ja nicht unbedingt ein Sprühstoß oder Leinenruck sein, sondern ist u.U. auch einfach ein Schreckreiz aus der Umwelt)
Was also tun? Der geballte Streß um Sylvester herum kann durchaus dafür gesorgt haben, daß die Schilddrüse von Fipsi durcheinander gekommen ist. Hast Du sie bei den ganzen Checks, die Du hast machen lassen, mitgecheckt? Wenn ja - magst Du die Ergebnisse hier einstellen? Hier sind viele Hundebesitzer mit "verhaltensoriginellen" Hunden, denen über eine Behandlung der Schilddrüse geholfen werden konnte. Als praktische Maßnahme würde ich als Erstes versuchen, die Angst des Hundes zu akzeptieren, auch wenn sie für uns unverständlich oder überdimensional oder sonstwas erscheint. Sie ist für Fipsi real! Wenn Du ihm helfen willst, sie zu überwinden, gib ihm als die Chance, sich zuhause zu entspannen. Ihr habt einen Garten? Prima, dann geh doch einfach eine Zeit lang mit ihm nur in den Garten, statt ihn mit Spaziergängen immer wieder mit seiner Angst zu konfrontieren. Streßhormone können etliche Tage benötigen, bis sie wieder abgebaut sind. Laß Fipsi in der Wohnung und im Garten eine Woche oder so zur Ruhe kommen, so daß überhaupt eine enspanntere Grundstimmung entstehen kann, auf der Du aufbauen kannst. Danach kannst Du so vorgehen: da er nicht fort will, geh einfach einige wenige Schritte vors Haus, laß ihn dort schnüffeln oder sonstwie ein wenig zur Ruhe kommen, und geh zur Belohnung wieder rein - Ende des Spazierganges! Der nächste Spaziergang sollte erst dann kommen, wenn Fipsi zuhause wieder entspannt ist. Kann vielleicht sogar 1-2 Tage dauern! Dann wiederholst Du die Prozedur. Beim nächsten mal kannst Du evtl schon ein paar Schritte weiter gehen, ihn wieder ruhig werden lassen, umdrehen. U.s.w.! Wichtig ist, daß Du gar nicht erst abwartest, bis er wieder voll im Streß ist, sondern auf einem angenehmen Level bleibst. Nur da ist er wirklich lernfähig.
Ah, Frau T. hat schon geschrieben - dem schließe ich mich einfach noch an: falls Du noch nicht klickerst, lies Dich doch mal in das Thema ein. Damit kann man unglaublich viel erreichen!
Beste Grüße, Dörte mit Kiebitz, Bolle und Tippa.
------------------------------------------------ „Erzähle es mir - und ich werde es vergessen. Zeige es mir - und ich werde mich erinnern. Lass es mich tun - und ich werde es verstehen und behalten.“ (Konfuzius)
Und ich schließe mich Dörte vollumfänglich an Ihn erstmal aus dem Streß raus nehmen sollte oberste Prio haben. Man kann auch einen Terrier zu Hause/ im Garten auslasten. Kopfarbeit ist da sehr hilfreich. Und mit dem nötigen Abstand zu den stressigen Situationen könnt ihr Euch wieder langsam an die angstauslösenden Dinge herantasten. Angst ist ein schlimmer Zustand, dem man ja selber nicht ausgesetzt sein will. Wir alle wissen wie schlimm es ist, wenn man vor etwas Angst hat und wie froh man ist, wenn die Situation endlich vorbei ist. Man ist danach fix und alle.
Viele liebe Grüße Frau T.mit Lumpi,Mo undNils __________________________________________________________________________
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Wichtig ist, dass Du die Ängste von Deinem Kleinen ernst nimmst und vor allem nicht ignorierst.
Mein Hund Henry leidet auch unter einer absoluten Geräuschphobie - diese beschränkt sich aktuell auf Silvesterbölller und allem was damit im Zusammenhang steht. Er leidet an Silvester auch auf das extremste (zittern, speicheln, sehr starkes hecheln, etc.). Hier haben wir dieses Jahr mit Hilfe von Tabletten entgegengewirkt und er war deutlich ruhiger im Haus. Allerdings war er nicht in der Lage, an diesem Tag/Nacht mit mir Gassi zu gehen.
Aber unsere eigentliche Odysee beginnt dann am Tag 1 nach Silvester (Neujahr ). Mein Hund verlässt dann ab einer bestimmten Uhrzeit nicht mehr die Wohnung bzw. das Grundstück. In der Anfangszeit ist er wie eine Lokomotive loschmarschiert - ein Lösen war bei uns unterwegs nicht möglich.
Heute ist der 10. Februar - und aktuell kann ich sagen, dass wir wieder in der Normalität angekommen sind (6 Wochen nach dem Ereignis), d. h. er läuft mit mir wieder auch bei Dunkelheit, kann schnüffeln und sich lösen und vor allem, er kann sich auch wieder auf mich konzentrieren und von mir führen lassen. Allerdings reagiert er immer noch sehr sensibel auf Silvesterähnliche Geräusche - treten diese während unserer Runde auf, dann ist ab diesem Moment der Spaziergang zu Ende und Henry will dann straight away nach Hause. Und wir gehen dann auch nach Hause. Zum Glück ist er im Moment wenigstens in diesen Phasen wieder ansprechbar und lässt sich auch immer wieder ins Kommando nehmen - so dass er wenigstens nicht panisch nach Hause rennt. Aber das Ziel verliert er für sich trotzdem nicht aus den Augen - er will nach Hause und derzeit gelingt es uns dann nicht, ihn in eine entspannte Grundstimmung zu bringen.
Wenn Dein Hund auf Euren Gassirunden deutlich signalisiert, dass er wieder heimwill, dann gib ihm nach und geh mit ihm ruhig und relaxt nach Hause. Du vergibst Dir dabei gar nichts - aber Deinem Hund hilft es. Insbesonder bei Angst kann es ansonsten passieren, dass es zu entsprechenden Fehlverknüfpungen kommt und vor allem dass sich die Angst potenziert und Dein Hund immer mehr Ängste entwickelt.
__________________________ Liebe Grüße Birgit & Henry
Gib dem Menschen einen Hund und seine Seele wird gesund (Hildegard von Bingen, Benediktinerin, 1098 - 1179).
Zitat Wenn Dein Hund auf Euren Gassirunden deutlich signalisiert, dass er wieder heimwill, dann gib ihm nach und geh mit ihm ruhig und relaxt nach Hause. Du vergibst Dir dabei gar nichts - aber Deinem Hund hilft es. Insbesonder bei Angst kann es ansonsten passieren, dass es zu entsprechenden Fehlverknüfpungen kommt und vor allem dass sich die Angst potenziert und Dein Hund immer mehr Ängste entwickelt.
Insbesondere kann es zu einem Effekt kommen, der sich "erlente Hilflosigkeit" nennt. Wird ein Lebewesen immer wieder und/oder lange genug unangenehmen Situationen ausgesetzt und macht die Erfahrung, dass es aktiv nichts tun kann, um dieser Situation zu entgehen, ergibt es sich irgendwann in sein Schicksal. Dass das nichts mit einem positiven Effekt zu tun hat, sollte klar sein. Im Tierversuch (dass sowas unnötig ist wie ein Kropf braucht man nicht sagen, aber die ERgebnisse gibt es eben) hat man z.B. folgendes herausgefunden: Man hat Hunde in einen Raum gesetzt, in dem sie Elektroschocks bekamen. Diese konnten sie selber abstellen, indem sie eine Taste betätigten. Vor den Elektroschocks leuchtete eine Lampe auf. Die Hunde lernten sehr schnell die Schalter zu betätigen, um den Schmerz zu beenden. Und danach sogar durch sofortiges Betätigen der Taste bei Aufleuchten der Lampe, den Elektroschock zu vermeiden. Eine andere Gruppe Hunde hatte diese Möglichkeit nicht. Sie konnten nichts tun, um dem zu entgehen. Nun setzte man beide Gruppen in neue Umgebungen. Diese war so gestaltet, dass die Hund in einem Raum saßen, in dem es Elektroschocks gab, sie aber problemlos in einen anderen Raum gehen konnten, um dem zu entfliehen. Die Hunde aus der ersten Gruppe hatten das in Null Komma Nix raus. Die Hunde der 2. Gruppe versuchten nicht mal in den anderen Raum zu kommen. Sie haben gelernt, dass sie nicht aktiv tun können, um dem Schmerzreiz zu entgehen, also versuchten sie es nicht mal mehr.
Genau sowas passiert auch mit Hunden, die man beängstigende Situationen einfach aushalten lässt. Sie lernen dadurch nur, dass sie hilflos ausgeliefert sind. Deshalb ist es besonders wichtig, dass Du ihm da hilfst. Geh ruhig nach Hause. Wenn Du weißt wann oder wo er Angst bekommt, dreh um BEVOR er Angst bekommt. Dadurch macht er eine positive Lernerfahrung und lernt, dass Du ihm hilfst.
Viele liebe Grüße Frau T.mit Lumpi,Mo undNils __________________________________________________________________________
Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch. Karl Valentin
Vielen Dank für Eure Posts. Das hilft mir sehr und tut mir gut.
@ Tante _ Haha - wir sind da ganz auf einer Linie, intuitiv lehnte ich es immer ab den Hund mit solchen Tools zu strafen. Die Gewaltfreiheit ist mir sehr wichtig - zumal ich ja wirklich sehe, dass mein kleiner Terrier eben massiv reagiert. Ich habe oft die Empfehlung erhalten - grob auf den Hund einzuwirken, das lehne ich völlig ab. Uns hat in der Tat immer die Ruhe weiter gebracht. Und zwar wirklich weitergebracht. Die Schilddrüsenwerte werde ich mir bei der Tierärztin noch besorgen, da war auch was, aber die Ärztin meinte es sei noch einigermaßen ok. Das Buch hole ich mir auch - ein wenig geistiger Überbau kann nicht schaden. So ganz sicher bin ich mir nicht, was der Auslöser war. Generell gehe ich auch arbeiten und da ist er dann auch alleine für 6 Stunden, aber das war noch nie ein Problem. Ich vermute schon sehr stark, dass es die Knallerei an Sylvester war - weil die Geräuschphobie ist offensichtlich. Vielleicht hatte es schon geknallt und ich war nicht da und dadurch wurde seine Angst verstärkt ...
@Frau Kibitz - das spricht mir aus dem Herzen - es stimmt zunächst muss ich die Angst des Hundes erst einmal annehmen. Man tendiert dazu, dass man schnell wieder alles in Ordnung bringen möchte, aber genau das ist auch wieder Stress.
@Henry Balu - was Du beschreibst ist ganz nahe an dem was ich bei Fipsi sehe. Er konnte sich auch gar nicht mehr lösen und jetzt fällt mir auf, dass es gegen Abend auf der letzten Runde viel schlimmer ist wie am Morgen.
Große Erleichterung - für mich, dass wir auch abbrechen dürfen und nach Hause gehen können... das Beispiel mit der Versuchsanordnung ist sehr interessant. Ich klickere auch beim Longieren sowie beim Jagdtraining, da setze ich auch den Marker. In der jetzigen Situation habe ich aber den Clicker noch gar nicht eingesetzt, weil ich einfach mich erst selbst sortieren muss. Solange ich für mich keinen Plan habe, setze ich keine Hilfsmittel ein, weil ich für mich die Situation noch gar nicht voll und ganz durchdrungen habe. Erst jetzt setzt sich alles so langsam. Ich muss gestehen- ich hab mich auch an einen Hundetrainer gewendet, ich hab das nach der ersten Vorstellungsrunde abgebrochen, weil er methodisch in die Richtung geht wie Tante_ Haha anklingen ließ und ich einfach Angst habe, dass wir jetzt damit mehr verbocken als dass es uns hilft. Ich bin auch bereit das Auszuhalten, dass ich nicht gleich die Lösung in der Hand habe und von außen wieder in irgendeine Richtung tune, wenn wir noch gar nicht angekommen sind. Vielen Dank für Eure Unterstützung
Zitat Die Schilddrüsenwerte werde ich mir bei der Tierärztin noch besorgen, da war auch was, aber die Ärztin meinte es sei noch einigermaßen ok.
Dann kannst Du schon davon ausgehen, dass es NICHT ok ist. Leider kennen sich kaum TÄ mit Schilddrüse aus - auch wenn sie ansonsten gut sind. Es ist erwiesen, dass bereits niedrige Werte, die noch in der Referenz liegen zu massiven Verhaltensproblemen führen können, zu denen übertriebene Ängstlichkeit, bis hin zu Phobien, Unruhe, Hibbeligkeit etc gehören. Je jünger der Hund, desto höher sollten die Werte sein.
Stell die Werte gerne hier ein! Deine Einstellung ist jedenfalls super und Als Halter 2er (ehemaliger) Angsthunde kann ich Dir sagen: Durchhalten, Geduld und Liebe führen zu einem wundervollen Miteinander und man besiegt die Angst gemeinsam!!!
Noch eine Bitte: magst Du Dir eine Signatur mit Euren Namen anlegen? Dann lernen sich die Namen leichter!
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Wobei es ja auch so ist, dass man bei Angst auch nicht unbedingt mit dem Clicker erfolgreich ist, weil die Hunde im Zeitpunkt der Angst "blockieren" und sehr oft keine Leckerchen annehmen können oder ähnliches.
Ich für mich kann sagen, dass es uns geholfen hat, dass wir die Abendrunden nach dem Gusto von Henry gestaltet haben, d. h. am Anfang waren es gar keine wirklichen Runden. Hund ging straigh away zum Pinkelplatz - die Blase wurde entleert und Hund drehte sofort ab und war wieder auf dem Weg nach Hause. Haben wir so 2 Tage gemacht. Dann ging es eine Runde um den Block - und wir haben sukkzessive versucht, die Runden auszudehnen. Wenn er partout nicht wollte, haben wir abgedreht und es ging wieder nach Hause. Für mich persönlich war es eine sehr heftige Zeit und akutell bin ich einfach nur zufrieden, dass wir wieder im Normalbereich angekommen sind und er sich von mir auf die Gassirunden mitnehmen lässt. Wobei es wirklich keine unheimlichen Geräusche geben darf, weil er dann einfach nur noch nach Hause will.
Was ich auch in dieser Zeit beobachtet habe, war dass er am Anfang nach den Runden sich sofort in einen Ecke verzogen hat und sich abgelegt hat. An irgendwelche Interaktionen war mit ihm in dieser Situation überhaupt nicht zu denken. Das hat sich zwischenzeitlich auch wieder normalisiert - d. h. jetzt bubelt er nach einer Gassirunde auch mal mit mir im Wohnzimmer oder schleppt sein Spielie an. Aber die Situation davor war schon sehr unheimlich... Irgendwie wirkte er wie erschlagen und auch irgendwie depressiv.
__________________________ Liebe Grüße Birgit & Henry
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Zitat Wobei es ja auch so ist, dass man bei Angst auch nicht unbedingt mit dem Clicker erfolgreich ist, weil die Hunde im Zeitpunkt der Angst "blockieren" und sehr oft keine Leckerchen annehmen können oder ähnliches.
Da muss ich widersprechen, das mache ich aber später - erstmal sind meine 3 Herren dran.
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Zitat von Henry Balu im Beitrag #5Heute ist der 10. Februar - und aktuell kann ich sagen, dass wir wieder in der Normalität angekommen sind (6 Wochen nach dem Ereignis), d. h. er läuft mit mir wieder auch bei Dunkelheit, kann schnüffeln und sich lösen und vor allem, er kann sich auch wieder auf mich konzentrieren und von mir führen lassen. Allerdings reagiert er immer noch sehr sensibel auf Silvesterähnliche Geräusche - treten diese während unserer Runde auf, dann ist ab diesem Moment der Spaziergang zu Ende und Henry will dann straight away nach Hause. Und wir gehen dann auch nach Hause. Zum Glück ist er im Moment wenigstens in diesen Phasen wieder ansprechbar und lässt sich auch immer wieder ins Kommando nehmen - so dass er wenigstens nicht panisch nach Hause rennt. Aber das Ziel verliert er für sich trotzdem nicht aus den Augen - er will nach Hause und derzeit gelingt es uns dann nicht, ihn in eine entspannte Grundstimmung zu bringen.
Das Problem hatte/hat Akuma auch. Silvester 2012 war... schlimm. Hecheln, zittern, nicht zur Ruhe kommen, nirgends auch nur ansatzweise geblieben, die Tage davor schon unruhig, der Abend selbst Katastrophe. Das liegt zum einen an der Deprivation bei ihm, zum anderen aber an einem traumatischen Erlebnis, weil ihm ein paar "lustige" Jugendliche einen Knaller vor die Pfoten geworfen haben, als er noch nicht bei mir war.
Das gipfelte dann darin, dass er, ich habe ja keinen Garten, beim Gassigehen abhanden gekommen ist, dabei bin ich dort gegangen, wo es ruhig ist. Er war gesichert, aber er hats ich von der Leine gerissen, ist mir durch die Beine und samt Leine davon... Ich habe ihn sechs Stunden lang gesucht... Gott sei Dank wurde er von einer Dame gefunden, mit der er auch sofort mit ist, weil er alleine hilflos rumgeirrt ist, während ich ihn mit Yoma (6 Stunden abgeleint, er hat ja keine ANgst und findet Akuma schneller als ich. Ist auch nie auch nur ansatzweise nicht bei mir geblieben...) gesucht habe. Ich hatte vor dem Anruf Angst, "Habe Ihren Hund überfahren." und meine Gedanken waren zusätzlich noch... "der lässt sich nicht anfassen, der beißt, etc."... Die Polizei hat angerufen und ich konnte ihn abholen, durch meine Suchaktion habe ich quasi 5 Stunden umsonst damit verbracht, den Verbleib des Hundes herauszufinden. Er saß bei einer Polizistin auf der Wache und wurde mit Schinken gefüttert.
Nach diesem Erlebnis war mir klar, dass es so nicht weitergehen darf. Also habe ich nach den üblichen Sachen (Desensibilsierung und Entspannungskonditionierung) alle Geräusche geclickert. Wirklich ALLE. Die Tage vor Silvester waren dann auch okay. Der Silvesterabend war zumindest dieses Mal so, dass er Leckerlis gefressen hat und sich wieder "runterholen" ließ, während es Feuerwerks blieb er sogar auf einem ihm sicheren Platz und war in seiner Nähe (keinen Körperkontakt, den wollte er nicht...). Auch das Gassigehen war ok, ich bin dieses Mal mitten in der Nacht kurz gegangen, mit einer Leine um die Hüfte gebunden. Ich werde das beibehalten. Und kanns nur mal empfehlen.
Ich bin da bei Frau T. Reinclickern war das beste, was ich da je machen konnte. Anfänglich war da auch keine Besserung zu verzeichnen, da der Clicker aber kalssisch konditioniert "gute Gefühle beim Hund" verursacht, habe ich da einen prima Zugang zu Akuma gefunden, Einzelene Schusgeräusche und Gewitter sind kein Problem mehr und wie gesagt, Silvester war wesentlich besser als das Jahr zuvor. Auch kann man ein gutes Alternativverhalten dadurch etablieren, wenn man stufenweise Angstgeräusche beclickert. Beim Schuss kommt Akuma nun zu mir, satt festzufieren und ich kann ihn anleinen und ihn dann Leckerlis geben. Und wie gesagt... ich konnte ihn an Silvester mit dem Clicker (bzw. Markerwort) wieder runterholen und er hat dann doch seine Kaustange gefressen, während es draußen ja durchaus häufiger laut war.
Zitat von kareki im Beitrag #12[quote=Henry Balu|p439946]...Ich bin da bei Frau T. Reinclickern war das beste, was ich da je machen konnte. Anfänglich war da auch keine Besserung zu verzeichnen, da der Clicker aber kalssisch konditioniert "gute Gefühle beim Hund" verursacht, habe ich da einen prima Zugang zu Akuma gefunden, Einzelene Schusgeräusche und Gewitter sind kein Problem mehr und wie gesagt, Silvester war wesentlich besser als das Jahr zuvor. Auch kann man ein gutes Alternativverhalten dadurch etablieren, wenn man stufenweise Angstgeräusche beclickert. Beim Schuss kommt Akuma nun zu mir, satt festzufieren und ich kann ihn anleinen und ihn dann Leckerlis geben. Und wie gesagt... ich konnte ihn an Silvester mit dem Clicker (bzw. Markerwort) wieder runterholen und er hat dann doch seine Kaustange gefressen, während es draußen ja durchaus häufiger laut war.
...ich möchte sehr, sehr gerne glauben, dass auch das für uns eine Möglichkeit ist. Allerdings habe ich es letztes Jahr mit der Desensibilisierungsmethode (CD-Training) versucht und habe damit eigentlich nur eine "Erstverschlimmerung" verursacht - die Folge davon war, dass er auch auf Knallereien im TV reagiert hat und das war davor definitv nicht so.
Mit der Desensibilisierung möchte ich im April/Mai wieder starten - so dass wir diesesmal eine ausreichend lange Vorlaufzeit haben und vor allem die Tage länger und nicht kürzer werden.
Bin mal auf die Ausführungen von Frau T. gespannt
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So, dann will ich mal - Achtung, jetzt wird es bei mir lang
Angst ist eine sehr alte Emotion, die sehr wichtig ist, um das Überleben zu sichern. Ein möglichst rasches Erkennen von Gefahren und auch die Einstufung einer Gefahr als eine solche, ist extrem wichtig, um rechtzeitig die erfordliche Verhaltenstrategie zur Überlebenssicherung zu ergreifen. Die Emotion ist also der Trigger, der ein Verhalten auslöst.
Emotionen können verstärkt oder abgeschwächt werden. Eine "negative" Emotion wie Angst kann durch das Hinzufügen einer negativen Komponente verstärkt werden: Hund hat Angst > Wasserpistole /Schreien oder ungeduldiges Zerren des Halters > Angst verstärkt sich. Genauso kann aber eine positive Komponente die Angst abschwächen. Hund hat Angst > Halter spricht beruhigend /bietet Lieblings-Leckerchen an / streichelt (wenn der Hund das als angenehm empfindet > Angst wird abgeschwächt.
Als zusätzlichen Exkurs möchte ich hier einfügen, dass natürlich auch positive Emotionen durch negative abgeschwächt werden können. Kennt man ja von sich selber: Man freut sich, weil man vielleicht einen tollen ERfolg im Job hatte. Man kommt nach Hause, der Partner hat miese Laune und motzt rum. Das "vermiest" einem die gute Laune regelrecht. Das ist beim Hund genauso.
Und wenn man das weiß, ist auch logisch, dass man negative Gefühle sehr wohl ändern kann und zwar durch Hinzufügen einer positiven Komponente. Dies funktioneirt umso besser, je positiver diese Komponente im Hirn verankert ist. Ein Geräusch wie der clicker funktioniert da um ein Vielfaches besser als alles andere. Das Geräusch ist immer gleich udn es ist im Hundehirn als 100% positiv verknüpft, wenn es ausreichend positiv aufgebaut wurde. Die Stimme hat den "Nebeneffekt", dass im Hundehirn Stimme erstmal "bewertet" werden muss, es werden Stimmungen gefiltert, entschieden, ob das Gesagte positiv oder negativ gemeint ist. Ausserdem sind Hunde durch das Zusammenleben mit uns auch gewohnt den Informationsgehalt des Gesagten zu filtern, da wir in der Regel ja etwas vom Hund wollen. Der Clicker ist neutral, der informationsgehalt ist bei BEstätigung von Verhalten die Bestätigung "Jetzt hast Du es richtig gemacht" - noch wichtiger ist aber eine unterbewusste "Information" ans Hirn, nämlich das Hervorrufen positiver Gefühle, die mit dem Geräusch assoziiert werden. Denn auf das Click folgt immer etwas Positives: Futter, Spiel, soziale Interaktion, Distanzaufbau, Mäuse buddeln dürfen etc.
Mit der Flucht vor dem angstauslösenden Reiz will der Hund ja in erster Linie Distanz aufbauen. Er will weg. Eine logische Konsequenz in diesem Zusammenhang ist auch die Aggression - kann der Hund nicht weg, wählt er vermutlich irgendwann den Angriff, um den Reiz zu vertreiben (z.B. im Fall von Artgenossen). Deshalb ist es so wichtig dem Hund das zu geben, was er braucht, in dem Fall Distanz - für ein Training im günstigsten Fall so viel Distanz, dass der Hund in der Lage ist zu lernen und neue, positive Assoziationen herzustellen.
An der Stelle aber eine wichtige ERgänzung: diese Distanz ist nie gleich, sie ist nicht statisch. Sie ist abhängig von der Art des Reizes und von weiteren äußeren und inneren Einflüssen. Steht der große schwarze Hund z.B. still, braucht man vielleicht weniger Distanz, als wenn er sich schnell bewegt. Sind es 2 große schwarze Hunde braucht man ggf. auch mehr Distanz als bei Einem. Hatte man schon viele stressige Situationen, ist der Stresspegel des Hundes schon so hoch, dass das Verhalten bei Eintreten einer angstauslösenden Situation umso schneller und intensiver ausfällt. Man kann also sagen: je entspannter der Hund im Allgemeinen, desto besser wird er mit stressigen Situationen fertig. Auch das kennt man von sich selber: Hatte man einen stressigen Tag im Job, dann wurde einem noch die Vorfahrt genommen, jemand schnappt einem dreist den Parkplatz weg, vor einem an der Kasse diskutiert jemand stundenlang mit der Verkäuferin, während hinter einem ein Kind sich im DAuerschreimodus befindet - tja, dann ist der Streßpegel so hoch, dass der geringste Auslöser reicht, um einen völlig zu überfordern. Man wird patzig, verliert die Nerven oder heult. Hatte man einen entspannten Tag und es tritt nur eines der beschriebenen Ereignisse ein, steckt man das locker weg.
Aus diesem Grund kann man ein solches Training nur als Gesamtpaket angehen. Dazu gehört viel Ruhe und ausreichende Entspannungsphasen, in denen Streßhormone sich wieder abbauen können. Ein ruhiger Umgang mit dem Hund fördert nicht nur die stressarme Verfassung des Hundes, es fördert auch Vertrauen und Bindung. Und man sollte einem Hund eben nur ein ausgewogenes Maß an Streß zumuten. Das mag Anfangs sehr langwierig erscheinen und man hat den Eindruck in diesen Minischritten kommt man nie weiter. Je mehr Situationen der Hund aber positiv abschließen kann, je mehr er meistert ohne in Panik verfallen zu müssen, umso mehr positive Strategien entwickelt er, um mit Streß umzugehen. Und je mehr Situationen der Hund ohne oder mit wenig Streß bewältigen kann, desto mehr Situationen kann er insgesamt irgendwann verkraften. Das geht anfangs langsam, steigert sich aber rigendwenn immer weiter.
Man kann einen Hund also durchaus durch den Clicker aus einer stressigen Situation holen. Anfangs wird das erstmal nciht so aussehen. Der Hund kann noch nicht reagieren, er nimmt noch kein Futter, zuckt nicht mal mit dem Ohr. Aber der Clicker kommt im Hirn an. Wird er ausserhalb der stressigen Reize immer und immer wieder positiv aufgeladen, wird sich das positive Gefühl mehr und mehr durchsetzen. Natürlich ist der clicker kein Instrument, das Angst heilt oder alleinig therapiert. Aber es ist eine gute Unterstützung, der Hund kann sich regelrecht am Clickergeräusch "festhalten" - und der Mensch auch. Das ist aus meiner Sicht gar nciht so unwichtig. Man fühlt sich angesichts eines panischen/ängstlichen Hundes entsetzlich hilflos. Mit dem Clicker hat man etwas, das man aktiv tun kann. Das gibt einem selber ein besseres Gefühl und umso ruhiger und positiver ist die eigene Ausstrahlung. Auch das hilft.
Ein Training sollte also sehr kleinschrittig sein, sehr positiv, fordernd, aber nie überfordernd. Man sollte den Hund nach Möglichkeit nicht in eine Situation bringen, die er nicht mehr bewältigen kann und in Panik verfällt. Natürlich spielt das Leben da nicht immer mit und man kann es nicht immer beeinflussen - gerade bei Geräuschen. Aber zumindest muss man das Training weitgehend so aufbauen, dass man mit dem Hund in einem Bereich arbeitet, den er noch zu bewältigen in der Lage ist.
Geräuschphobie ist eine sehr schwer zu trainierende Sache. Mein Hund Nilsi hatte durch Schmerzen eine generalisierte Geräuschangst entwickelt. Wir mussten mit Angstlösern arbeiten, um einen Fuss in die Tür zu bringen. Für das nächste Silvester würde ich Dir raten Dir einen guten Tierarzt zu suchen, den Du nach Alprazolam fragen kannst. Es ist das einzige empfehlenswerte Medikament bei Geräuschangst. Das sollte man mit Abstnad zu Silverster schonmal testen, da manche Hunde - wie bei allen Medikamenten möglich - nicht positiv darauf reagieren. Wird es vertragen, rechtzeitig vor Silvester und vor Allem in ausreichend hoher Dosierung (!) angewendet - hilft es wirklcih gut. Insbesondere wird die Lernerfahrung blockiert, was bei einem traumatisierenden Ereignis wie Silvester das einzig sinnvolle ist. Bei einem Hund, der so extrem reagiert und so nachhaltig verknüpft würde ich das tatsächlich versuchen.
Die Sache mti der Geräusch-CD... ich hab mit Nils vor einigen Wochen wieder damit angefangen. Und JETZT, wo er einen Zustand erreicht hat, in dem es ihm echt gut geht und er sehr wenig Streß hat, kommen wir voran. Auch hier ist die Grundvoraussetzung ein entspannter Allgemeinzustand. Und wir haben mit Geräuschen angefangen, die ihm keine Angst machen: klingeln, klimpern, leises Klappern. Dann haben wir Geräusche genommen, die ihm unangenehm sind, er aber keine richtige Angst hat: Staubsauger, rauschen. Inzwischen sind wir wieder bei Knallgeräuschen. DA aber noch auf einer Stufe, die ich selber noch nicht wirklich hören kann. Nur wenn ich das Ohr an den Lautsprecher presse. Darauf reagierte er vor ein paar Monaten schon. Jetzt nicht mehr.
Es gibt also Strategien. Das ist aber IMMER ein Gesamtpaket aus vielen Maßnahmen und oft muss man genau da ansetzen, wo man gar kein Problem hat. Entstressen, Ruhe reinbringen, kleine Einheiten, viel Spaß. Auslastung am Besten über Kopfarbeit. Je besser das Denk-und Lernvermögen, desto besser wird der Hund auch mit Alltagssituationen fertig, weil er auch da zum ERlernen neuer Strategien in der Lage ist.
Hat der Hund z.B. einen bestimmten Ort negativ verknüpft, wie das mit Geräuschen oft der Fall ist, kann man die Annäherung an den Ort clickern. Jeder Schritt wird geclickert und mit Futter belohnt. Wichtig ist, dass man mit Signal umdreht, den Hund fröhlich auffordert mitzukommen, bevor man einen Status erreicht, in dem der Hund richtig Angst bekommt. So kann man sich Meter für Meter wieder an Orte herantasten. Hierzu ist es hilfreich sehr positiv, mit sehr viel Spaß und ohne Beteiligung eines negativen Reizes ein "Flucht-Signal" aufzubauen. Zum Beispiel einfach "wir gehen" (oder was auch immer). Da der Hund es sehr positiv kennt und Hunde sich gerne an bekannten Dingen orientieren, wird es ihm leichter fallen sich ruhiger zu entfernen.
Jetzt hör ich aber erstmal auf... ich möchte an dieser STelle sagen, dass ich kein Wissenschaftler bin, kein Biologe oder sowas. Ich bin einfach interessiert, habe mir Vieles angelesen. Wenn eine Erklärung nicht ganz vollständig ist, bitte ich das dem Laien zu verzeihen
Viele liebe Grüße Frau T.mit Lumpi,Mo undNils __________________________________________________________________________
Ich freue mich, wenn es regnet. Denn wenn ich mich nicht freue, regnet es auch. Karl Valentin