seit Anfang Januar unterrichte ich samstags wieder eine Junghundegruppe in der Schule meiner Trainerin. Ihre beiden Hunde - beide ca. 2 Jahre alt, ein Belgischer Schäferhund und ein Englischer Setter - laufen wenn ich komme meist frei auf dem Gelände herum, und so lasse ich Lola und Alfons immer zu ihnen zum Toben.
Nachdem Alfons anfangs sein übliches Verhalten gegenüber den beiden Hunden gezeigt hat - drauflos stürzen, wenn sie mit Lola oder miteinander spielen und versuchen, sie mit Knurren (manchmal) und Schnappern (meistens)zur Ordnung zu rufen - ist das inzwischen schon viel besser geworden. Vor drei Wochen, als hier Schnee lag und Lola wie ein übermütiges Zirkuspferdchen über das Grundstück gelaufen ist, hat er sich sogar so weit anstecken lassen, dass er mit den dreien mitgespielt hat.
Da die beiden Hunde meiner Trainerin sehr gut sozialisiert sind, finde ich diesen Part des Samstags auch gut und will ihn so weiterführen. Sprich: Alfons die Chance geben zu lernen, dass andere Hunde nicht per se schlecht sind.
Nun zu dem Thema, zu dem Ihr vielleicht Tipps für mich habt: Vorrausschicken will ich, dass Alfons wirkliche Panik vor Welpen hat (dass ein Hund sich so klein machen kann, denkt man gar nicht) und auch sein aggressives Verhalten nicht zeigt, wenn "die anderen" definitv in der Überzahl sind. Also je größer die Gruppe, desto buckeliger der Alfons.
Was ich jeden Samstag beobachten kann ist, dass Alfons mit den beiden oben erwähnten Hunden inzwischen einigermaßen umgehen kann, und sei es dadurch, dass er sie ignoriert. Aber irgendwann kommt unweigerlich der Punkt, an dem ich sehe, wie seine Rute sich den Weg zu seiner Kinnspitze sucht, er seinen Kopf unterhalb der Rückenlinie hält und ganz am Rand der Wiese am Zaun entlangschleicht Richtung Tor. Und was ist in diesem Moment passiert? Ein Auto mit einem Junghund drin ist auf den Hof gefahren (muss noch nicht mal ausgestiegen sein). Bei meiner ersten Trainingsstunde habe ich Alfons am Anfang noch auf dem Grundstück gelassen - wir beginnen immer damit, dass die Hunde spielen/toben können. Ich dachte, dass er sich vielleicht daran gewöhnt, da ein Hund nach dem anderen kommt und nicht alle auf einmal die Wiese stürmen. Aber er hockte entweder in einer Ecke oder am Tor oder kam, wenn ich mich hinhockte, zu mir.
Seitdem mache ich es so, dass ich ihn bei ersten Anzeichen von Stress - also sobald das erste Auto auf den Hof fährt - ins Auto lasse. Das ist für ihn auch definitv ein sicherer Hafen, kaum mache ich das Tor auf, rennt er zu unserem Wagen und springt sofort in den Kofferraum, nachdem ich ihn geöffnet habe. Es macht ihm auch nichts aus, dass Lola weiter bei mir bleibt - er heult nicht, er jammert nicht, und wenn ich zwischendurch mal gucken gehe, liegt er entspannt auf seiner Decke. Okay, ganz entspannt ist er vielleicht nicht, denn Leckerchen nimmt er dann nicht von mir, aber körperlich ist er entspannt. Wenn ich die Kofferraumklappe offen lasse, damit er kommen kann, wenn er will, bleibt er auch liegen und guckt ab und zu mal rüber. Erst wenn die jungen Hunde wieder weg sind, kommt er raus.
Nun also endlich die Frage: Denkt Ihr, dass es okay ist, wie ich das mache? Also dass ich auf seine Angst reagiere und ihn im Auto warten lasse? Oder unterstütze ich diese Angst damit? Und wenn ja, welche Alternativen gäbe es?
Ich will aus ihm keinen Hund machen, der auf Biegen und Brechen mit allen anderen Hunden auskommt. Wenn er das nicht will, muss er das nicht, denke ich. Aber ich möchte ihn auch nicht noch mehr verängstigen. Und die Variante, ihn zu Hause zu lassen und nur Lola mitzunehmen geht leider gar nicht, weil er dann drei Stunden zu Hause nur heulen würde, wenn das geliebte Lolchen nicht da ist.
Sorry, dass es so lang geworden ist. Liebe Grüße, Ivonne und Alfons
------------------------------------------ Willst du Meinungen über Tiere, frag die Menschen. Willst du Fakten, frag das Tier. - J. Allen Boone
Spontan, vom Gefühl her: Es ist richtig. Er soll in Sicherheit sein und gut isses, finde ich, er zeigt Dir ja genau, was er will und braucht.
Seine Angst verstärkst Du damit sicher nicht, im Gegenteil. Hunde wollen, wenn sie nicht eher aggressiv disponiert sind, generell meiden, wenn man sie läßt, verhindert man das "Hochschrauben" in die Aggression, und das ist gut so.
Du kannst sicher an seiner Angst arbeiten. Wie weit Du dabei Erfolg haben kannst, hängt u.a. davon ab, inwieweit Alfons' Angst genetisch bedingt oder von Erfahrungen abhängig ist. Ein langer Weg ist es allemal, einem Hund beizubringen, daß Artgenossen nicht nur was Fürchterliches sind.
Du gibst Alfons Chancen, in seinem Tempo zu lernen und mit den Hunden, die er sich aussucht, von denen er auch weiß, daß er ihnen über den Weg trauen kann. Das reicht, meiner Ansicht nach, vollkommen aus, vor allem, wenn er Welpen gegenüber eben nur Ignoranz, aber keine Aggression zeigt.
Laß ihn einfach so weiterlaufen und vertrau ihm und Deinem Instinkt, dann seid Ihr vermutlich auf dem besten denkbaren Weg. :-)
Viele Grüße Barbara mit Ritter Parcifal, Prince Maddox und Sir Lancelot sowie in ewiger Verbundenheit mit Malibub Athos, Seelenbub Ben, Spitzbub Ilias, Lausbub Seppl und 'dame de coeur' Lupa (G'lupa de la Noire Alliance)
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"Just a generation ago if you went near a dog when he was eating and the dog growled, somebody would say, 'Don't go near the dog when he's eating!, what are you crazy?' Now the dog gets euthanized. Back then, dogs were allowed to say, NO. Dogs are not allowed to say no anymore...They can't get freaked out, they can't be afraid, they can never signal 'I'd rather not.' We don't have any kind of nuance with regard to dogs expressing that they are uncomfortable, afraid, angry, or in pain, worried, or upset. If the dog is anything other than completely sunny and goofy every second, he goes from a nice dog to an 'AGGRESSIVE' dog." (Jean Donaldson)